Zum Hauptinhalt springen

Reduktionsstrategien für Fett, Zucker und Salz in Lebensmitteln Teil 4 – Schwerpunkt Milch, Molkereiprodukte und Käse

DLG-Expertenwissen 13/2018

Autoren:

ThinkTank Reduction2020“

Dr. Mehmet Cicek, Fovation – Food & Innovation Consultancy

Dr. Malte Rubach, M.R.EXPERT

Prof. Dr. Johannes Erdmann, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Prof. Dr. Helge Fritsch, Duale Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn

Prof. Dr. Stefan Töpfl, Hochschule Osnabrück

Johanna Bayer, Blog „Quark und so“

Gastautoren:

Hans-Jürgen Seitz, J. Rettenmaier & Söhne GmbH + Co KG

Monika Wiesbeck, J. Rettenmaier & Söhne GmbH + Co KG

Anja Schöner, Universität Hohenheim

Kontakt:
Simone Schiller, Geschäftsführerin DLG-Fachzentrum Lebensmittel, S.Schiller@DLG.org


Update Milch-Technologie: Was geht und was geht nicht

(Prof. Dr. Stefan Töpfl, Hochschule Osnabrück)

Salz, Zucker und Fett spielen eine wesentliche Rolle für die Strukturgestaltung, die Haltbarkeit und die sensorischen Eigenschaften vieler Lebensmittel. Ein übermäßiger Konsum dieser Komponenten führt jedoch zu gesundheitlichen Problemen und ist deshalb in den Fokus der Verbraucher, Gesetzgeber und Lebensmittelindustrie gerückt.

Eine Reduktion ihres Gehalts ist aufgrund der vielfältigen Funktionen der Stoffe nicht einfach umzusetzen und auch die zur Verfügung stehenden Ersatz- und Austauschstoffe werden teilweise kritisch gesehen. Eine mögliche Alternative stellen gezielte verfahrenstechnische Lösungen dar.

Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von etwa 52 kg Konsummilch, 30 kg Milchmischgetränken und 24 kg Käse stellen Milchprodukte eine wesentliche Nährstoffquelle dar. Milch und Milchprodukte sind durch die komplexe Zusammensetzung und Produktstruktur insbesondere für Reduktionsstrategien im Bereich Fett und Zucker geeignet. Eine Salzreduktion steht vor allem bei bestimmten Produktkategorien wie zum Beispiel Schmelzkäsezubereitungen im Vordergrund. Hier können alternative Schmelzsalze wie etwa Calcium- oder Kaliumsalze eingesetzt werden. Bei traditionellen Käsearten beeinflusst Salz neben den sensorischen Eigenschaften auch die Molkenlässigkeit des Bruches und die Haltbarkeit. Durch einen kombinierten Ansatz unter Nutzung eines Gerinnungsenzyms sowie Starter- und Reifungskulturen mit schneller pH-Absenkung und verstärkter Aromabildung ist bei Schnittkäse eine Reduktion des Salzgehalts möglich. 

Zucker erfüllt eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen in Milchprodukten. Neben der primären Funktion als Süßungsmittel trägt er u. a. zur Strukturbildung und Viskositätserhöhung oder zur Absenkung des Gefrierpunkts und Verbesserung des Gashaltevermögens bei. Maßnahmen zur Zuckerreduktion beziehen sich – neben einer bereits seit vielen Jahren durchgeführten „stillen“ Reduktion durch sukzessive Minderung des Kristallzuckerzusatzes – auf teilweisen enzymatischen Verdau der Lactose oder den Einsatz von Süßungsmitteln zum Erhalt des Süßgeschmacks. Für das Erzielen der erwünschten Produktstruktur kommen dann oft Dickungsmittel oder Fasern zum Einsatz.

Auch eine Reduktion des Fettgehalts ist durch geeignete Strukturgestaltung zu erreichen. Durch Einsatz einer Ultrahochdruckhomogenisation oder die Nutzung von Doppelemulsionen kann eine Reduktion des Fettgehalts unter Erhalt der sensorischen Eigenschaften erreicht werden. Darüber hinaus ist durch Zusatz von Fasern (Ballaststoffen) oder Verdickungsmitteln ein matrix-stabilisierender Effekt zu erzielen, der eine Reduktion des Fett- als auch des Zuckergehalts ermöglicht. Des Weiteren eignet sich der Einsatz von über ein kombiniertes thermisches und mechanisches Verfahren mikropartikulierter Molkenproteine als Fettersatzstoff. Bei der Herstellung von Speiseeis kann eine Planetwalzenextrusion eingesetzt werden. Das Verfahren ermöglicht aufgrund des sehr hohen Wärmeübergangs eine kontinuierliche Herstellung und das Härten von Speiseeis. Da Produkte mit sehr hoher Viskosität verarbeitet werden können, ist es möglich, den Fettgehalt zu reduzieren. 

Die Angst vor der Milch: Wie hoch ist die Evidenz?

(Prof. Dr. med. Johannes Erdmann, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf)

Milch ist, wie kaum ein anderes Nahrungsmittel in unserem Kulturkreis, mit einer stärkenden, gesundheitsförderlichen Wirkung assoziiert. Alle sind wir damit aufgezogen worden, über Jahrzehnte wurde uns vermittelt, dass Milch gut und wichtig für unseren Knochen ist und wie anders Milch im Vergleich zu anderen Getränken zu bewerten ist. Deshalb erschrecken Berichte in Medien und Internetplattformen über neu entdeckte schädliche Wirkungen, die durch den Konsum von Milch hervorgerufen werden sollen, Verbraucher und Wissenschaftler gleichermaßen. Müssen wir umdenken, sind die essentiellen Inhaltsstoffe der Milch, die einst so wichtig waren, nun wirklich schädlich?

Um die Beziehung zwischen dem Konsum von Milch und Milchprodukten und den Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen zu untersuchen, wurde eine Vielzahl von Experimenten mit den Inhaltsstoffen der Milch durchgeführt und deren Auswirkung auf die menschliche Physiologie und Pathophysiologie geprüft. Diese hochkontrollierten Experimente entsprechen aber nicht der Lebenswirklichkeit, denn niemand wird sich außerhalb der Säuglingsperiode ausschließlich von Milch ernähren. Klar ist, dass Milchverzehr zu messbaren Veränderungen z. B. des Fettsäureprofils und einzelnen Stoffwechselparametern beim Menschen führen kann. Die entscheidende Frage ist hier, hat dies auch auf die Entwicklung und den Verlauf von Erkrankungen Auswirkungen?

Lebenswirklichkeit und Ernährungsphysiologie sind viel komplexer. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn die im Experiment gewonnenen Hypothesen, sich bei der Betrachtung einer Bevölkerung durch prospektive Kohortenstudien nicht immer bestätigen lassen. Auffällig ist aber, dass gegenwärtig vor allem in den Laienmedien und im Internet vor Milchverzehr regelrecht gewarnt wird. „Milch ist ungesund, weil sie viele technische Prozesse durchläuft, ein industrielles Lebensmittel ist, Milch ist homogenisiert, pasteurisiert, wärmebehandelt, haltbar gemacht“. Milch soll bei Kindern mit der Entwicklung von Asthma, der Häufigkeit von Atemwegsinfektionen, Mittelohrentzündung oder Akne verbunden sein. Im Erwachsenenalter sei ein häufigeres Auftreten von Adipositas, Diabetes Typ 2, Herz- und Kreislauferkrankungen, bestimmten Krebserkrankungen und erstaunlicherweise auch eine höheren Rate osteoporosebedingter Knochenfrakturen auf den Milchverzehr zurückzuführen. Woher kommen diese Aussagen und sind sie wissenschaftlich begründet? Zunächst gibt es tatsächlich für die meisten dieser Behauptungen Assoziationen in prospektiven Kohortenstudien, auf die sich Milchgegner berufen können und sie sind nicht a priori unsinnig.

Dennoch fällt auf, dass es sich bei den milchkritischen Kommentaren zumeist um eine Isolierung einzelner Studien handelt. Eine solche Isolierung ist nicht wissenschaftlich. Meist konnte eine Vielzahl von Studien mit vergleichbarer Fragestellung dies nicht bestätigten. Zusammenfassungen von Studien mit ähnlichem Design, sogenannte Metaanalysen, kommen überwiegend zum Schluss, dass Milch keine nachteiligen Wirkungen auf die Gesundheit hat. Metanalysen bleiben aber in den Kommentaren von Veganern, die sich gegen den Konsum von Milch aussprechen, überwiegend unerwähnt. Beim Angriff auf das Nahrungsmittel Milch fehlt hier die studienkritische Objektivität, sie tritt hinter der eigenen vorgefertigten und ideologisch geprägten Botschaft zurück. „Wir sind das einzige Lebewesen, das nach der Säuglingszeit Milch verzehrt“, können nur Menschen sagen, die noch nie eine Katze beim Auslecken einer Milchschale beobachtet haben. In der Tat: Katzen können keine Kühe melken, aber sie würden es tun. 

Über die selektive Wahrnehmung von Studien hinaus, werden deren Ergebnisse nicht methodisch reflektiert und im Kontext differierender wissenschaftlicher Ergebnisse diskutiert. Häufig werden Schlüsse aus Experimenten in der Zellkultur oder im Tierversuch gezogen und Daten, die beim Menschen vorliegen, nicht berücksichtigt. Ein Beispiel hierfür ist die Debatte um die unterschiedliche Caseinzusammensetzung bei A1- bzw. A2-Milch. Allein, dass aus dem Casein der A1-Milch die Möglichkeit der Bildung eines Casomorphins (Anmerkung: Casomorphine sind Peptide, die bei der Verdauung von Milchproteinen entstehen und bestimmte Formen dieser Stoffgruppe können schmerzstillende Wirkung haben, so dass in der veganen Szene eine suchtfördernde Wirkung propagiert wird) besteht, ruft Scharen von Warnenden auf den Plan. Kaum einer von den Mahnern hat sich mit der Problematik richtig beschäftigt und belastbare Daten aus Humanstudien gibt es auch nicht, aber man hat den Eindruck, dass dies dazu beträgt, der unsachlichen Argumentation Vorschub zu leisten, denn jeder kann wild drauflos spekulieren. Fakt ist, dass bislang keinerlei unterschiedliche Wirkung von A1- oder A2-Milch auf den menschlichen Organismus wissenschaftlich belegt ist. Der Großteil der Studien wurde von der A2-Milk Company in Auftrag gegeben und genügt nicht den objektiven Kriterien für eine aussagekräftige Evidenz.

Schaut man sich die Datenlage bezüglich der Auswirkungen des Milchverzehrs auf den Knochenstoffwechsel an, zeigt sich ein recht klares Bild. Vermehrter Milchverzehr ist in den allermeisten Kohortenstudien mit einer höheren Knochendichte und niedrigeren Rate an Wirbelkörperfrakturen verbunden, während die Rate an Schenkelhalsfrakturen nicht in gleichem Maße von der Calziumzufuhr abzuhängen scheint oder vielmehr die Calziumzufuhr hier nur einer von vielen Faktoren ist, wie z. B. die Sturzneigung oder Muskelkraft, die das Frakturrisiko bestimmen. Eine ganze Reihe von Untersuchungen zeigen, dass sich Milchverzehr günstig auf Parameter des metabolischen Syndroms, das Fettsäureprofil, den Blutdruck und das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, auswirken könnte.

Wie für jedes isolierte Lebensmittel, ist es auch für die Milch und ihre Inhaltsstoffe schwer, eine per se gesundheitsförderliche Wirkung wirklich zu beweisen oder im umgekehrten Falle eine direkte Schädlichkeit nachzuweisen – wenn man von toxikologischen oder infektiösen Problemen absieht. Hierzu ist die Lebensweise der Menschen, die an solchen epidemiologischen Studien teilnehmen und oft über viele Jahre untersucht werden müssen, viel zu unterschiedlich. Die Instrumente, mit denen die Wissenschaftler die Menge des jeweiligen Verzehrs feststellen, erlauben allenfalls eine Schätzung. So ist es nicht verwunderlich, dass immer mal wieder eine Studie mit widersprüchlichen Ergebnissen veröffentlicht wird und aufgrund dieses Widerspruchs eine breitere öffentliche Aufmerksamkeit erhält als das ohnehin schon Bekannte. In der fairen wissenschaftlichen Diskussion müssen diese aber genauso wie das Neue gewürdigt und sorgfältig, unabhängig von kommerziellen Interessen, analysiert werden.

Milch enthält eine ganze Menge Calzium und viele andere potentiell nützlicher Stoffe und natürlich, und dies ist unbestritten, Kalorien. Wer hier zu viel davon zu sich nimmt, wird, wie bei anderen Lebensmitteln auch, dick. Aber das ist eigentlich nichts Neues.

Die Feinde der Milch: Argumente und Strategien

(Johanna Bayer, Blog „Quark und so“)

Der Mythos Milch ist angekratzt, das Kultlebensmittel hat plötzlich viele Feinde: Anfang 2018 steht die Milch noch stärker in der Kritik als Fleisch. Anders als beim Fleisch, gegen das es unter den Stichworten Tierhaltung und Umweltschutz in der allgemeinen Debatte und bei Verbrauchern vor allem ethische Bedenken gibt, geht es bei der Milch um den Stoff selbst: Ungesund soll sie jetzt sein, und unnatürlich. Besonders Veganer, die alle tierischen Lebensmittel ablehnen, haben die Milch auf dem Kieker: Am 6.3.2018 trendete auf Twitter der Hashtag #milchistgift, lanciert von einem veganen Youtuber. Auch andere Ernährungsrichtungen stehen der Milch kritisch gegenüber, etwa die Paleo-Methode und diverse Naturkostlehren.

Alle diese Trends sind jung. Bis vor wenigen Jahren galten selbst Vegetarier noch als Außenseiter, erst recht die Veganer. Eine große abendländische Geschichte haben beide nicht, die Veganer gibt es erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts und auch die Vegetarier standen, anders als es ihre eigene Legende vorgibt, von Anfang an nur am Rande der europäischen Esskultur. Erst im 18. Jahrhundert formulierten Philosophen überhaupt vegetarische Prinzipien – allerdings ohne medizinische oder historische Grundlage.

Heute ist das anders. Der Verzicht auf Fleisch und Tierprodukte erscheint in neuem Licht, und die Akteure ziehen als Beweis für ihre Gesundheitsthesen gerne wissenschaftliche Studien heran. Als der Veganer Simon Unge am 6.3.2018 auf Twitter den Hashtag #milchistgift setzte, verkündete er in seinem Video zu Milchprodukten: „Wir werden systematisch krank gemacht!“. Zur Begründung verwies er auf die Wissenschaft: „Schaut euch die Studien an!“. Dass solche Milchgegner Forschungsergebnisse selektiv zitieren und interpretieren, können aber nur Fachleute erkennen. Im breiten Publikum sickern die unseriösen Botschaften durch, und hier halten sich weitere Vorbehalte. Verbreitet ist etwa die Annahme, dass Milch „verschleimt“ und dass sie Ohrenentzündungen verursacht. Auffallend in der Debatte ist dabei, dass die Milchkritiker Fragen aufrollen, die wissenschaftlich längst entschieden sind: Ist es für Menschen überhaupt natürlich, Milch zu trinken? Ist es normal, als Erwachsener Milch verdauen zu können? Ist Milch wirklich nahrhaft, enthält sie gute Stoffe und Mineralien oder gar bedenkliche, schädliche Substanzen?

Protagonisten sind unter anderen der Vegetarierbund Deutschland (vorm. VEBU, jetzt ProVeg genannt), Promis wie Attila Hildmann, die Tierschutzorganisation PETA, aber auch die klassischen Medien, Blogger und Aktivisten  im Internet. In der Debatte zeigen sich die Veganer gut organisiert und professionell: Sie bieten Informationen, Diskussionsleitfäden oder Material für Schüler-Referate an. Dabei dienen ihnen Gesundheitsargumente aber eher als Vehikel für ihre eigentlichen Botschaften: Konsumkritik und Tierschutz.

Die klassischen Medien greifen solche Ernährungsdebatten gerne auf, schließlich zieht das Thema Essen immer. Doch viele Redaktionen nehmen von Verbänden, NGOs oder Aktivisten geliefertes Material unkritisch an – dass es sich dabei nicht um unabhängige Informationen handelt, geht im Alltagsbetrieb oft unter. Die Folgen: „Ernährungspopulismus“ und oft auch ein fragwürdiges Wissenschaftsverständnis.

Vor allem im Internet zeigen sich im Streit um die Milch esoterische und postfaktische Argumentationsmuster bis hin zu handfesten Verschwörungstheorien: das grundsätzliche Anzweifeln wissenschaftlicher Erkenntnismöglichkeiten, tiefes Misstrauen Institutionen und der Wissenschaft gegenüber, die Behauptung, dass die wahren Fakten aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen geleugnet werden und andere mehr.

Zwar zeigen die Konsumzahlen von Milch und Milchprodukten, dass die Verbraucher sich nicht allzu sehr beirren lassen, auch gibt es einigen Widerspruch gegen Kampagnen wie #milchistgift, trotzdem stellt sich die Frage: Warum fallen abstrus wirkende Vorstellungen bei Menschen auf fruchtbaren Boden? Warum glauben Hunderttausende unbelegten oder gar irrationalen Behauptungen? So richtig erklären kann man sich das international auftretende Phänomen nicht. Aber es gibt Ansätze: Sozialpsychologen und Philosophen richten den Blick darauf, wie Überzeugungen entstehen und warum Menschen dazu neigen, an ihren Meinungen festzuhalten, selbst wenn Fakten ihnen widersprechen. Ein Beispiel sind die Impfgegner, oft Eltern oder Großeltern kleiner Kinder. Forscher haben ihre Beweggründe analysiert: Offensichtlich ist es diesen Medizinskeptikern besonders wichtig, dass sie die Freiheit haben, selbst über die Behandlung ihrer Kinder zu bestimmen. Ihr Engagement gegen das Impfen geschieht letztlich aus Fürsorge und Verantwortung. Auch das Motiv Reinheit spielt eine charakteristische Rolle: Impfgegnern gelten die Spritzen als Giftcocktail.

Solche übergeordneten moralischen Intuitionen – Freiheit, Fairness, Reinheit, Loyalität und andere – bilden nach Meinung der Psychologen die Basis für Überzeugungen im Alltag. Sind sie einmal gefasst, lassen Menschen ihre Überzeugungen nicht mehr los und suchen sich die passenden Informationen dazu – Fakten, die dem vorgefertigten Weltbild widersprechen, werden ignoriert. Auf diesem Hintergrund plädieren die Forscher für andere Strategien bei Aufklärungskampagnen: Sie sollten an den moralischen Intuitionen und Überzeugungen der Menschen nicht vorbeizielen, Emotionen müssen berücksichtigt werden.

Vielleicht kann einiges davon auch die Debatten um Lebensmittel erhellen. Zum Beispiel ist „Reinheit“ von Lebensmitteln in vielen Kulturen ein sehr mächtiges Motiv. Seit vielen Jahrhunderten enthalten religiöse Nahrungsvorschriften die Vorstellung von Reinheit, etwa im Hinduismus sowie bei Juden und Moslems. Heute zeigen die Erfolge von Trends wie „Clean Eating“ oder die „Frei-von“-Produkte, dass die Vorstellung von „reinen“ Nahrungsmitteln für Menschen sehr bedeutsam ist.

Wo steht hier die Milch? Man darf sich nichts vormachen: Vorbehalte gegen Milch gab es auch bei uns schon immer, speziell gegen das Trinken von frischer Milch. Nicht jeder mag sie, nicht jeder verträgt sie. Das ist völlig normal, lange bekannt und kulturspezifisch. Schließlich ist frische Milch als Massenlebensmittel auch eine recht junge Erscheinung, denn erst seit Ende des 19. Jahrhunderts war Trinkmilch dank Pasteurisierung und Kühltechnik in großen Mengen verfügbar. Aus dem frühen 20. Jahrhunderts stammt die offensive Vermarktung von frischer Milch als gesundem Lebensmittel und idealer Nahrung für Kinder. Milch wurde so zum Musterbild eines reinen, weißen, natürlichen Lebensmittels, assoziiert mit besonderer Sauberkeit bei der Verarbeitung, frisch gewaschenen Sennerinnen, glücklichen Kühen und gesunden, rotbackigen Kindern. Das Motiv Reinheit ist hier deutlich erkennbar – jetzt reizen Milchfeinde das Gegenteil aus: die Milch soll unrein sein, voller Hormone, voll mit krebserregenden Wachstumsfaktoren, gefährlichen Eiweißen, Resten von Antibiotika oder Medikamenten und weiterem. Ob diese Vorbehalte begründet sind und wie damit umzugehen ist, sollte rational diskutiert werden.

Mit allen Sinnen: Sensorik & Genusswertentschlüsselung bei Milchprodukten

(Prof. Dr. Helge Fritsch, Duale Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn)

Für die Entwicklung von Lebensmitteln, einschließlich Milchprodukten, bietet der frühe Einsatz von Sensorik und Konsumententests entscheidende Vorteile: Er ermöglicht, effizient und zielorientiert Produkte zu entwickeln, die Verbraucherwünschen voll entsprechen. Besonders bei Reduktionsprogrammen wie Zucker-, Salz- und Fettreduktion ist es empfehlenswert, durch Konsumentenfeedback und komplementärer deskriptiver Sensorik systematisch den Genusswert eines Produktes zu entschlüsseln und die für Konsumentenpräferenz verantwortlichen sensorischen Schlüsselattribute ganzheitlich herauszuarbeiten. Hierbei wird systematisch erkennbar, welche Sinnesreize über Geschmacksattribute hinaus für den Verbraucher entscheidend sind. 

Auch hinsichtlich der Zuckerreduktion von Milchprodukten (und eingesetzten Fruchtzubereitungen) erlaubt dieser sogenannte multisensorielle Ansatz, den Gesamtsinnesstimuli für den Endverbraucher in der Weise attraktiv zu gestalten, dass die Produktpräferenz weiterhin erhalten bleibt – obwohl die eingesetzte Zuckermenge insgesamt reduziert wurde.

So kann die empfundene Gesamtsüße eines Produktes sowohl durch den Einbezug von süßen Geruchsnoten als auch durch optische Produktgestaltung moduliert und ein geringerer Zuckergehalt damit multisensoriell ausbalanciert werden. Beispielsweise verstärken karamellartige, honigartige, vanilleartige und kokosartige Noten in retronasaler Wahrnehmung den empfundenen Süßgeschmack. Zur Süßmodulation können diese Noten auf rein natürlichem Wege hervorgerufen werden, zum Beispiel über entsprechende Zutatenauswahl oder aber auch durch Prozessmodifikation. So können karamellartige Noten, hauptsächlich hervorgerufen durch Furaneol, sowohl durch den Eintrag von Erdbeeren oder Ananas (und entsprechenden Verarbeitungen daraus), oder aber auch durch Zucker-Karamellisierung entstehen. Honigartiger Geruch, unter anderem hervorgerufen durch Phenylacetaldehyd (ein aus der Maillardreaktion bekanntes sogenanntes Streckeraldehyd), kann bei der Süßmodulation neben dem Eintrag durch Honig auch durch den Einsatz von geröstetem Getreide eingebracht werden. Die genannten Beispiele machen deutlich, dass ergänzend zum Einsatz sensorischer Methoden auch die systematische Entschlüsselung von natürlichen Geruchsstoffen in Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten die  Ausgestaltung idealer sensorischer Produktprofile in Reduktionsprojekten erleichtert und transparent macht.

Dies liefert im Besonderen auch die Grundlage für das sogenannte Food-Pairing – sensorisch interessante und für Verbraucher attraktive Lebensmittel-Paarungen, die auch für Milchprodukte ein großes Potential dahingehend besitzen, dass sie Zucker- oder auch Fett-Reduktion vereinfachen. Anhand von Beispielen wird beleuchtet, wie durch die Kenntnis von gemeinsamen natürlichen Geruchsstoffen verschiedene Lebensmittelzutaten in Milchprodukten kombiniert werden können und der sensorische Gesamtstimuli Zucker- und Fettreduktion für die Sinne „zum Nebenschauplatz“ werden lässt. 

Zusammenfassend können durch die beschriebenen methodischen Ansätze aus der sensorischen Forschung, der Konsumentenforschung als auch der Aromenforschung gleichzeitig mehrere zentrale Verbrauchertrends im Zusammenhang mit Lebensmitteln Berücksichtigung bei der Produktentwicklung und Reformulierung finden: Beispielsweise der Genuss-Trend (im Sinne der Gestaltung von multisensoriellem Sinnesgenuss), der Gesundheits-Trend (im Sinne der  Optimierung von Ernährungsprofilen von Lebensmitteln) und der Glaubwürdigkeits-Trend (im Sinne von Verwendung ausschließlich natürlicher Zutaten – Clean Food).

Design-Thinking-Ansätze in der Produktentwicklung

(Dr. Malte Rubach, M.R.EXPERT)

Design Thinking ist in aller Munde. Um zu verstehen, worum es dabei geht, sollte man zu den Ursprüngen dieses Ansatzes zurückkehren. Stellen Sie sich ein Modeatelier vor, wo gerade eine neue Kollektion designt wird. Der Chef-Designer verfügt über ein interdisziplinäres Team von zum Beispiel Schneidern und Stylisten und weiteren Facharbeitern. In dem Dokumentationsfilm „Dior und ich“ ist der Prozess so illustriert: Der Creative Director hat mit seinem Team ein Bündel an Ideen entwickelt, die anhand von aktuellen Trends, Moden und Farben die Marke Dior für die nächste Prêt-à-porter Saison positionieren sollen. Aber was wird am Ende für den Massenmarkt gelauncht? In einem wahnwitzigen Tempo werden Modelle (Prototypen) gefertigt und direkt durch Models noch am gleichen Tag im Atelier einer Gruppe von Modeexperten vorgeführt. In den kurzen Durchläufen wird deutlich, was Design Thinking in der Praxis bewirkt. Durch das direkte Feedback werden ganze Ansätze verworfen und andere in ihren Details verändert, sei es ein Knopf zu versetzen, eine Saumnaht als Stilelement zu nutzen oder komplett den Stoff zu ändern. In kurzer Zeit entstehen so aus Ideen Produkte (minimum viable products, MVP), die dann einem größeren Publikum vorgeführt werden können – die Prêt-à-porter Shows in New York, Mailand und Paris sind beste Beispiele. Was dort von Einkäufern und Experten mit Applaus belohnt wird, kann nicht nur im Luxussegment Fuß fassen, sondern dient auch als Vorlage für den Massenmarkt.

Design Thinking hat es inzwischen schon längst aus der Nische klassischer designgeprägter Branchen in technologiegetriebene Branchen geschafft. Die Agentur IDEO aus Kalifornien hat den Ansatz seit den 90er Jahren mit ihrem Geschäftsführer Tim Brown für die jeweiligen Industrien weiterentwickelt. Die University of Stanford hat den Ansatz auch akademisch weiterentwickelt und systematisiert. Absolventen aus Stanford sind bekannte Gründerpersönlichkeiten, die insbesondere digitale Geschäftsmodelle durch Design Thinking vorangetrieben haben, von Google bis Snapchat. Die so genannte User Experience steht dabei im Vordergrund und daher hat sich an den grundlegenden Prozessschritten des Design Thinkings auch wenig geändert. Diese lauten: Verstehen – Beobachten – Synthese – Ideen – Prototyping – Testen.

Jeder Schritt ist mit Feedbackschleifen versehen, so dass sich die anfängliche Idee schnell dem echten Kundenbedürfnis nähert. Roger L. Martin beschreibt den Sinn dieses Prinzips in seinem Buch „The Design of Business“ als Übereinstimmung von „Validity“ und „Reliability“. Der Vorteil des Design Thinkings liegt daher insbesondere darin, schnell und pragmatisch nah am Kundenbedürfnis ein Nutzerversprechen zu entwickeln, das man auch einlösen kann. Es eignet sich somit als Innovationsmethode für Freelancer, Kleinunternehmen bis hin zu Großunternehmen. Ein aktuelles Beispiel für die Entwicklung eines designbasierten Geschäftsmodells ist der von Google-Ventures aufgebaute kalifornische Kaffeeanbieter „Blue Bottle“, der 2017 für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag von Nestlé gekauft wurde. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße bedeutet die Nutzung des Konzeptes allerdings einen Paradigmenwechsel, da ein Bewusstsein für exploratives Denken geschaffen werden muss, während im Tagesgeschäft in der Regel die Produktivitätssteigerung des vorherrschenden Geschäftsmodells im Vordergrund steht. Vor dem Hintergrund, dass Produktentwicklungen mit reduziertem Gehalt an Salz, Zucker oder Fett von Kunden nicht immer honoriert werden, wenn die Reduktionserfolge aktiv kommuniziert werden, können Design Thinking-Ansätze erfolgsversprechend sein, um reduzierte Produkte mit erwiesener User Experience zu positionieren.

Start-ups: Reduktionsstrategien, Milchersatz und Surrogat

(Dr. Malte Rubach, M.R.EXPERT)

Mit einem Produktionsvolumen von über 30 Millionen Tonnen Rohmilch ist Deutschland unter den Top 5 der weltweiten Milchproduzenten zu finden. Milch wird aufgrund ihrer vielfachen wertgebenden Inhaltsstoffe seit je her als Grundnahrungsmittel angesehen und ist in über 40 Ländern Bestandteil der Ernährungsempfehlungen zur Deckung des Nährstoff- und Energiebedarfs.

Die Investitionen in Produktinnovationen liegen im Lebensmittelsektor traditionell vergleichsweise niedrig. Der ZEW Branchenreport weist für die Nahrungsmittel-/Getränke-/Tabak-Branche gerade einmal durchschnittlich 1,2 Prozent des Umsatzes aus (Platz 1: Elektroindustrie mit 10,4 Prozent). Mit Produktneuheiten werden in der Branche etwa 6 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet (Platz 1: Fahrzeugbau mit 48 Prozent). Die Nahrungsmittelindustrie investiert dabei mit 2,1 Prozent über dem Durchschnitt der Branche. Echte Produktneuheiten haben mit 40 Prozent des Umsatzanteils durch Produktinnovationen einen deutlich höheren Anteil als in der Getränke-/Tabak-Industrie mit 12 Prozent, wo Nachahmer-Innovationen deutlich überwiegen.

 

Kostensenkungen durch Prozessinnovationen spielen dagegen in der gesamten Branche eine wichtige Rolle. Produktinnovationen werden häufig mit nachstehenden Zielen auf den Markt gebracht. Dabei ist zu beobachten, dass die Produkte teilweise nur deklarativ weniger Zucker enthalten. Im Bereich Milchersatz dagegen häufig geschmacklich auftretende Off-Flavors durch den vermehrten Zusatz von Süßungsmitteln maskiert werden müssen.

  • Reduktionsstrategien: Produktneuheiten versuchen insbesondere Zucker in Milchmischgetränken, Joghurt, Milchzubereitung und Eiscreme zu reduzieren, z. B. durch den Einsatz von Traubensüße oder Birkenblütenzucker. Beispiele: CowCow, Oppo, Fairlife.
  • Milchersatz: Milchersatzprodukte werden mit der Absicht beworben, vorteilhafter für die Gesundheit zu sein und einen Mehrwert in den Bemühungen zum Erreichen der Klimaschutzziele zu liefern. Im Hintergrund spielt dabei auch häufig ein Interesse an Tierschutz sowie Tierrechten eine nicht unwesentliche Rolle. Milchersatz basiert dabei auf unterschiedlichen proteinliefernden Pflanzen wie Erbsen, Lupine, Kokos oder Nüssen. Beispiele: kite hill, ripple, Miyokos, Wink, WayFare, Heidi Ho, Good Karma, willow cup, Califia, Malk.
  • Surrogate: Wie in der Fleischbranche existieren auch in der Milchbranche Bestrebungen, echte Milch ohne Milchviehhaltung herzustellen. Dazu werden die maßgeblichen Protein-, Fett- und Kohlenhydratanteile biotechnologisch mittels gentechnisch veränderter Hefen hergestellt und anschließend im natürlichen Mischungsverhältnis zusammen mit Mikronährstoffen und Vitaminen sowie Wasser zu einem Milchsurrogat vermischt. Beispiel: Perfect Day.

Marktcheck – Zucker in Joghurt- und Quarkprodukten

(Anja Schöner, Universität Hohenheim)

Ende 2014 wurde in einem Humboldt Reloaded Projekt der Universität Hohenheim der Gehalt an Zucker in Joghurt auf dem deutschen Markt erhoben. Dafür wurden Daten von 597 Produkten gesammelt.

Der Gehalt an Zucker pro 100 Gramm Joghurt in den getesteten Produkten erstreckte sich von 3,4 bis 22,3 Gramm. Der Hauptanteil variierte nur geringfügig zwischen 13 bis 15 Gramm. Die tatsächliche Süße unterschied sich kaum, da bei weniger Zuckerzusatz die Süße durch Süßstoffe erreicht wurde. Im Durchschnitt enthielt ein Joghurt 14,1 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Ein gewöhnlicher Becher Joghurt hat eine Verzehrsgröße von 150 Gramm, dies entspricht 21,15 Gramm Zucker pro Becher. Damit sind die empfohlenen 25 Gramm Zucker am Tag durch einen Becher Joghurt fast erreicht. 

Zusätzlich wurde ein Verkostungsexperiment durchgeführt, bei dem ein durchschnittlich süßer Joghurt mit 14 Gramm Zucker auf 100 Gramm Produkt mit einem weniger süßen Joghurt mit 12 Gramm Zucker verglichen wurde. Das Verkostungsexperiment zeigte, das über die Hälfte der Teilnehmer einen weniger süßen Joghurt bevorzugen würde. Einige konnten gar keinen Unterschied in der Süße feststellen.

Laut einem Marktcheck der Stiftung Warentest aus dem Jahr 2017 lag der durchschnittliche Zuckergehalt bei Joghurt- und Quarkzubereitungen immer noch bei etwa 14 Gramm Zucker pro 100 Gramm.

Die Marktbetrachtung zeigt auf, dass nach wie vor ein Potential zur Reduktion von Zucker in Molkereiprodukten besteht, auch wenn einzelne Hersteller bereits den Anteil von zugesetztem Zucker reduziert haben. Wie im Rahmen des Projektes gezeigt werden konnte, ist eine graduelle Minderung des Zuckergehaltes nicht unmittelbar mit einem kundenseitigen Geschmacksverlust verbunden. Gleichwohl kann eine Anpassung der Rezeptur die Verwendung anderer Ingredients bedeuten, um die gewohnte Produkterfahrung erhalten zu können.

Ballaststoffeinsatz und „funktionale Zellulosen“ in Molkereiprodukten

(Hans-Jürgen Seitz & Monika Wiesbeck, J. Rettenmaier & Söhne GmbH + Co KG)

Ballaststoffe können einen wertvollen Beitrag zu einer gesunden und energiereduzierten Ernährung leisten. Traditionelle Anwendungen umfassen hierbei Schmelzkäsezubereitungen, Reibekäse und backstabile Käsezubereitungen. Im Rahmen des Reduction2020-Workshops wurden neuere Entwicklungen im Bereich Milchgetränkestabilisierung und Speiseeis vorgestellt. Die Teilnehmer wurden gebeten, die Produkte nach der Reihe zu verkosten und jeweils über ein internetgestütztes Umfrage-Tool eine Bewertung durch ihre direkten Assoziationen mit maximal drei Nennungen abzugeben. Die gesammelten Attribute zeigen, wo noch Optimierungsbedarf bestehen könnte, um zuckerreduziertes Speiseeis oder Milchgetränk mit hoher Kundenakzeptanz herzustellen. Im Folgenden sind die Rezepturen sowie Teilnehmerassoziationen beschrieben.

Speiseeis

Die Herstellung des Testmusters für Speiseeis basierte auf Magermilch (72,9 %), Maltodextrin/Polydextrose/Erythritol/Sorbitol (16 %), Pflanzenfett (6 %) sowie Magermilchpulver (4 %). Mono- und Diacylglyceride von Speisefettsäuren (0,3 %), Aroma und Farbstoffe (0,21 %) und Sucralose (0,01 %) wurden in kleineren Mengen zugesetzt. Als stabilisierende funktionale Cellulosen wurde VIVAPUR® MCG 811F und MC A4M eingesetzt. Deshalb konnte trotz des reduzierten Zucker- und Fettgehalts eine volle Textur und gute Cremigkeit mit feinen Eiskristallen erzielt werden. Das Speiseeis enthielt 11,3 % Kohlenhydrate, davon 5,8 % Zucker. Der Gesamtenergiegehalt wurde mit 151 kcal/100 g berechnet.

Die Verkostung ergab als häufigstes genanntes Attribut „cremig“, gefolgt von „fettig“, „belegend“, „buttrig“ und „fest“. Ein „bitterer Nachgeschmack“ konnte auf einen möglicherweise zu hohen Zusatz an Sucralose zurückgeführt werden, ebenso wie einige weitere negative Assoziationen. Ebenso konnten erwünschte Assoziationen ausgelöst werden, wie zum Beispiel eine „Mandelnote“ oder „Vanille“-Eindrücke. Ein „gutes Mundgefühl“ oder „fein in der Struktur“ kann ebenso als positives Feedback für die weitere Rezepturanpassung dienen. Ein Teilnehmerfeedback bezog sich explizit auf die Assoziation zur Erinnerung an ein Produkt aus der Kindheit: „Brauner Riese“ und spielte sich damit auf der senso-emotionalen Assoziationsebene ab.

Schoko-Drink

Für die Herstellung eines energiereduzierten Schoko-Drinks wurde Magermilchpulver (97,8 %), Kakaopulver (1,5 %) und 0,37 % VIVAPUR® Compound, bestehend aus MCC, CMC und Carrageen, eingesetzt. Außerdem Aroma, Mono- & Diglyceride von Speisefettsäuren (0,1 %) sowie Sucralose (0,01 %) und Polysorbat 80 (0,002 %). In der Nährwertzusammensetzung ergab sich somit ein Kohlenhydratanteil von 4,9 %, davon 4,7 % Zucker. Der Gesamt­energiegehalt lag bei 53 kcal/100 g. Der Assoziationskontext ergab als häufigstes genanntes Attribut „schokoladig“, gefolgt von „gutes Mundgefühl“, „fettig“. Das Merkmal „schleimig“ kann in weiteren Optimierungsschritten in Balance mit dem Merkmal „gutes Mundgefühl“ gebracht werden. Durch die Verwendung des VIVAPUR® Compounds sollte in dieser Rezeptur ein sämiges, volles und mächtiges Mundgefühl erzielt werden. Die Rückmeldung des Testpanels bestätigte den Erfolg dieses Ansatzes. Weitere Attribute ließen auch in diesem Testmuster erkennen, dass der Zusatz an Sucralose möglicherweise reduziert werden könnte oder mit anderen Zuckerersatzstoffen kombiniert bzw. ausgetauscht werden sollte.

Als Fazit ergab sich aus der Verkostung eines prototypischen zuckerreduzierten Speiseeises sowie Kakaodrinks, dass sich Reduktionsprojekte mittels Ballaststoffen als auch cellulosebasierten Stabilisatoren und Hydrokolloiden erfolgreich und schmackhaft realisieren lassen. Direkte Feedback-Methoden können hier möglicherweise den Entwicklungsprozess verkürzen. Die nötigen Anpassungen oder Variationen lassen sich somit zielgerichtet und schnell umsetzen.   

Nach oben