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Mykotoxine im Fokus

DLG-Expertenwissen 02/2016


Mykotoxine (Schimmelpilzgifte) sind sowohl bei Lebens- als auch bei Futtermitteln ein bedeutendes hygienisches Problem, und das weltweit. Substanziell handelt es sich dabei um von Schimmelpilzen gebildete sekundäre Stoffwechselprodukte, die sowohl bei Wirbeltieren als auch beim Menschen bereits in geringsten Mengen auf vielfältige Weise toxisch, d.h. giftig wirken. Bei Menschen sind sie kaum akut gesundheitsschädigend, doch können sie krebserregend oder erbgutschädigend wirken. Durch Mykotoxine verursachte Erkrankungen werden allgemein als Mykotoxikosen bezeichnet. Davon zu unterscheiden sind Pilzvergiftungen, die durch Giftstoffe ausgelöst werden, die von verschiedenen höheren Pilzen gebildet werden, etwa die im Knollenblätterpilz enthaltenen Amatoxine und Phallotoxine. Diese Art von Giftstoffen wird nicht zu den Mykotoxinen im engeren Sinne gezählt.

Das Reich der Pilze

Im System der Lebewesen bilden Pilze ein eigenständiges Reich in der Domäne der Eukaryoten, jenen Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern besitzen. Zum Reich der Pilze gehören sowohl Einzeller wie etwa die Backhefe (Saccharomyces cerevisiae) als auch Vielzeller wie die Schimmelpilze und die Ständerpilze. Schimmelpilze sind eine systematisch inhomogene Gruppe von filamentösen (fadenförmigen) Pilzen. Während die meisten Schimmelpilze ziemlich unauffällig sind, haben einige für den Menschen besondere Bedeutung, so als Humanparasiten oder als Produzenten von Giften (Mykotoxinen) in verdorbenen Lebensmitteln. Spezielle Schimmelpilze werden aber auch zur Herstellung von Lebensmitteln (z. B. Camembert, Roquefort, Schimmelsalami) sowie zur Herstellung von Lebensmittelzusatzstoffen (z. B. Zitronensäure) und Arzneimitteln (z. B. Antibiotika) verwendet. Seit den 1980er Jahren ist mit Quorn auch ein fettarmes, ballaststoff- und proteinreiches Lebensmittel auf dem Markt, das durch gezielte Fermentation und anschließende Aufarbeitung des Schimmelpilzes Fusarium graminearum gewonnen und als Fleischersatzprodukt verwendet wird.

Mykotoxine

Mykotoxine ist eine Sammelbezeichnung für eine Gruppe natürlicher, niedermolekularer Stoffwechselprodukte meist niederer Schimmelpilze (Micromyceten), die für Mensch und Tier, z.T. auch für Pflanzen und selbst für andere Mikroorganismen giftig sind. Der Begriff wurde aus dem griechischen „myko“ (Pilz) und dem lateinischen „toxicum“ (Gift) abgeleitet. Der Gruppe der Mykotoxine werden heute bereits über 400 toxische Pilzmetabolite zugerechnet, doch wird geschätzt, dass es mehrere Tausend Mykotoxine gibt. Nach dem Stand des aktuellen Wissens kommen davon aber nur rund 20 häufiger und in kritischen Konzentrationen in Lebensmitteln vor. Die wichtigsten dieser für die Lebensmittelsicherheit relevanten Mykotoxine, ihre wichtigsten Produzenten, ihr hauptsächliches Vorkommen sowie deren toxische Wirkungen sind in der Tabelle zusammengestellt.

Welche Funktion den sekundären Stoffwechselprodukten allgemein und konkret der Mykotoxinbildung im Stoffwechsel der Schimmelpilze zukommt, ist bis heute nicht geklärt. Angenommen werden metabolische Kontrollfunktionen, evolutionäre Reservefunktionen sowie ökologische Aspekte im Zusammenspiel mit anderen Mikroorganismen wie etwa anderen Pilzen, Bakterien oder anderen Einzellern, um diese beispielsweise als Konkurrenten auszuschalten.

Da die Mykotoxine im sekundären Stoffwechsel der Schimmelpilze gebildet werden, sind sie im Gegensatz zu den Stoffen des primären Stoffwechsels nicht bei allen Schimmelarten anzutreffen. Die Produktion eines bestimmten Toxins kann vielmehr auf wenige bestimmte Arten beschränkt sein, sie kann aber auch bei vielen Arten mehrerer Gattungen angetroffen werden. Für die Praxis bedeutet dies, dass beim spontanen Auftreten von Schimmel auf einem Lebensmittel zwar grundsätzlich mit der Gefahr einer Bildung von Mykotoxinen gerechnet werden, dass diese aber nicht wirklich eintreten muss. Ein optisch bereits deutlich verpilztes Lebensmittel muss also nicht zwangsläufig auch Mykotoxine enthalten.

Grundsätzlich werden die Mykotoxine während oder im Anschluss des Wachstums von Schimmelpilzen gebildet. Auch hier gilt, dass ein starkes Pilzwachstum nicht unbedingt mit einer intensiven Toxinbildung verbunden sein muss. Umgekehrt kann aber ein schwaches Pilzwachstum durchaus mit einer starken Toxinbildung verbunden sein. Die Bildung der Mykotoxine unterliegt nämlich einer ausgeprägten regionalen sowie saisonalen Schwankungsbreite. So werden sie oft nur unter bestimmten Temperatur-/Feuchtigkeits- sowie pH-Bedingungen, bei reichlichem Nährstoffangebot oder in bestimmten Entwicklungsphasen des Schimmelpilzes gebildet, wobei auch Interaktionen mit anderen Pilzen beobachtet werden. Um Gifte zu bilden, werden zumeist Substrate bevorzugt, die reich an Kohlenhydraten komplexer Zusammensetzung sind, so wie dies bei pflanzlichen Substraten oft der Fall ist. Werden Mykotoxine gebildet, so wird oftmals nicht nur eine definierte Substanz gefunden, sondern vielmehr eine ganze Familie chemisch verwandter Substanzen.

Auswahl der wichtigsten Mykotoxine in Lebensmitteln

MykotoxineProduzierende MikroorganismenVorwiegend betroffene LebensmittelToxische Wirkungen/Effekte
AflatoxineAspergillus flavus,
Aspergillus parasiticus
Nüsse, Erdnüsse, Pistazien, Getreide, Hirse, sekundär auch MilchLeberschädigend, mutagen, kanzerogen, teratogen
CitrininPenicillium citrinumGerste, Hafer, Mais, Reis, WalnüsseNierenschädigend, mutagen, kanzerogen (?)
CyclopiazonsäureAspergillus flavus, Penicillium cyclopiumErdnüsse, Mais, KäseNeurotoxin
Desoxynivalenol (Vomitoxin)Fusarium graminearum, Fusarium culmorumWeizen, Gerste, Mais, RoggenNeurotoxin, immunotoxisch, kanzerogen (?)
Ergot Alkaloide (Mutterkornalkaloide)Claviceps purpureaRoggen, Weizen, HaferNeurotoxin, Durchblutungsstörungen, kanzerogen
FumonisineFusarium verticolloidesMais und maishaltige ProdukteNeurotoxin, leberschädigend, lungenschädigend, kanzerogen (?)
MoniliforminFusarium verticolloides (moniliforme)Mais und maishaltige Produkte, Weizen (Getreide)Herzschädigend, leberschädigend, nierenschädigend
Ochratoxin AAspergillus ochraceus, Penicillium verrucosumGetreide, Bohnen, grüne KaffeebohnenKanzerogen, teratogen, neurotoxisch, nierenschädigend
PatulinPenicillium patulum, Aspergillus clavatusÄpfel, Birnen, Bohnen, WeizenKanzerogen, mutagen, leberschädigend
PenicillinsäurePenicillium puberulum, Aspergillus ochraceusMais, Gerste, BohnenNeurotoxisch
SterigmatocystinAspergillus versicolor, Aspergillus nidulansGetreide, grüne Kaffeebohnen, KäseTeratogen, hautreizend, kanzerogen (?)
T-2 Toxin/
HT-2-Toxin
Fusarium sporotrichioides, Fusarium poaeMais, Gerste, Hafer, HirseStarkes Neurotoxin, hautreizend, kanzerogen
ZearalenonFusarium graminearumGetreideSchleimhautreizend, östrogen, Unfruchtbarkeit verursachend, kanzerogen (?)

Mykotoxine – kein neues Problem

Da mykotoxinbildende Schimmelpilzarten weltweit verbreitet sind, haben mit Schimmel befallene Lebensmittel und damit die Mykotoxine den Menschen bereits seit Urgedenken begleitet. Eine Mykotoxikose, nämlich der Ergotismus, auch Antoniusfeuer genannt, wird bereits in der Bibel beschrieben (3. Buch Mose 14:34-48). Diese durch den Verzehr von Mutterkorn verursachte Krankheit forderte dann vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein Hunderttausende von Menschenleben.

Aber auch Fusarientoxine sollen zu dieser Zeit eine bedeutende Krankheitsursache gewesen sein. Ende des 19. Jahrhunderts traten in Russland tödliche Vergiftungsfälle bei Menschen auf, die in ursächlichem Zusammenhang mit dem Verzehr von Getreide standen, welches erst nach dem Winter geerntet wurde und in hohem Maße mit Fusarien und wohl auch deren Toxinen kontaminiert war. Während des 2. Weltkrieges fielen dann in der Sowjetunion Tausende Menschen einer als Alimentäre Toxische Aleukie (ATA) bezeichneten Erkrankung zum Opfer, welche ebenfalls auf den Verzehr von mit Fusarien befallenem überwinterten Getreide zurückzuführen war. Das T2-Toxin aus der Gruppe der von Fusarien gebildeten Trichothecene, das in den russischen Getreideproben in einer Konzentration von bis zu 2,5 % gefunden wurde, konnte jedoch erst Jahre später als die wirkliche Ursache der Erkrankung identifiziert werden. Dass sich die Wissenschaft im Zusammenhang mit den Mykotoxinen anfänglich schwertat, hing vor allem mit dem Umstand zusammen, dass zunächst Methoden entwickelt werden mussten, mit denen man ausreichend genau in die Konzentrationsbereiche vordringen konnte, in welchen Mykotoxine normalerweise in den befallenen Lebensmitteln vorliegen.  

In den Fokus des öffentlichen und des wissenschaftlichen Interesses rückten die Mykotoxine aber erst in den 1960er Jahren, als in England rund 100.000 junge Puten an verschimmeltem Erdnussschrot starben (Turkey X Disease). Die Suche nach der Ursache führte zur Entdeckung der Aflatoxine, die nach ihrem ersten bekannten Produzenten, nämlich Aspergillus flavus benannt wurden.

Toxizität

Während die meisten Bakterientoxine aufgrund ihrer Proteinnatur Antikörperreaktionen auszulösen vermögen, ist dies bei den Mykotoxinen nicht der Fall. Infolge ihres niedrigen Molekulargewichtes führen sie nicht zur Bildung von Antikörpern.

Mykotoxine können in Abhängigkeit von ihrer Art akut und/oder chronisch toxisch wirken. Unter akuter Toxizität versteht man die schädigenden Wirkungen eines Stoffes, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes – sofort oder normalerweise innerhalb von 14 Tagen – nach der Verabreichung einer einmaligen Dosis auftreten. Die chronische Toxizität umfasst dagegen die Giftigkeit eines Stoffes, der über eine längere Zeit wiederholt aufgenommen wird. Im Vergleich zu anderen Giften sind die akut toxischen Wirkungen von Mykotoxinen auf den Menschen zumeist zu vernachlässigen.
Akute Vergiftungen treten vor allem bei Tieren, insbesondere bei Nutztieren wie Schweinen und Kühen auf. Dadurch verursachte Symptome können sein: Erbrechen, Veränderungen des Blutbildes, Organschäden wie Leber- und Nierenschädigungen (hepatotoxisch oder nephrotoxisch), Angriffe auf das zentrale Nervensystem (neurotoxisch), bei Berührung Haut- und Schleimhautschäden, Beeinträchtigung des Immunsystems (immunsuppressiv) sowie hormonähnliche Effekte. Nerventoxine können zum Zittern und zu Krämpfen sowie letztlich zum Tode führen.

Chronische Symptome treten zumeist nach mehr als sechs Monaten auf, wobei sowohl substanzkumulative als auch effektkumulative Symptome beobachtet werden können. Soweit es sich nicht um genotoxische Wirkungen wie Mutagenität oder Kanzerogenität handelt, sind chronische Wirkungen schwellenabhängig, d.h., dass ein sogenannter NOEL (No observed Effect Level) angegeben werden kann, unterhalb dem keine toxischen Wirkungen beobachtet werden können. Für Substanzen mit genotoxischen Wirkungen ist dies nach derzeitiger Wissenslage nicht möglich, da eine genotoxische Wirkung theoretisch bereits durch ein einziges Molekül ausgelöst werden kann. Als Spätfolgen infolge einer chronischen Aufnahme sind bei Mykotoxinen vor allem kanzerogene (krebsauslösende), mutagene (Erbschäden bewirkende) und teratogene (Missbildungen bei Embryos verursachende) Wirkungen beschrieben. 

Einige der in Lebensmitteln vorkommenden Mykotoxine vermögen sich in spezifischen Zielorganen – vor allem Leber und Niere – unseres Körpers anzureichern und können im Einzelfall auch zu gefährlicheren Substanzen umgelagert werden. Letzteres trifft z. B. auf die Aflatoxine zu.

Kontamination von Lebensmitteln

Wenngleich es bereits beim Arbeiten mit organischen Materialien wie Lebensmittel, Futtermittel oder Abfall möglich ist, Mykotoxine über die Atemluft aufzunehmen, ist der Mensch hauptsächlich durch kontaminierte Lebensmittel bedroht.

Hinsichtlich der Kontamination wird normalerweise zwischen drei Fällen unterschieden:

  • Von einer Primärkontamination wird dann gesprochen, wenn der pflanzliche Rohstoff bereits auf dem Feld von toxinbildenden Schimmelpilzen befallen wurde (z. B. Mutterkorn auf Getreide). Im Zuge der Verarbeitung befallener Rohstoffe kann das Pilzmyzel so zerkleinert und fein verteilt werden, dass es im Endprodukt nicht mehr sichtbar und eine Kontamination nicht mehr augenscheinlich erkennbar ist.
  • Eine Sekundärkontamination liegt dann vor, wenn Lebensmittel während Lagerung, Transport oder Weiterverarbeitung verschimmeln. Durch die wachsende, oft charakteristisch durch Sporenbildung gefärbte Pilzkolonie kann auch durch den Konsumenten ein prinzipielles Risiko der Mykotoxinbildung erkannt werden.  
  • Mit Carry over wird die Situation bezeichnet, wenn Nutztiere verschimmelte, toxinhaltige Futtermittel aufnehmen, die in unveränderter oder metabolisierter (verstoffwechselter) Form in verschiedenen Organen abgelagert oder ausgeschieden werden. Dies führt dazu, dass auch Lebensmittel tierischer Herkunft – Fleisch, Eier, Milch – Mykotoxine enthalten können, ohne dass das jeweilige Produkt selber verschimmelt ist.

Nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) enthalten rund 25 % aller Nahrungsmittel auf der Erde Mykotoxine.

Ist ein landwirtschaftlicher Rohstoff oder ein Lebensmittel mit Schimmelpilzen kontaminiert, so ist zu beachten, dass diese nicht nur an der Oberfläche wachsen, sondern mit ihren Hyphen, den Pilzfäden, tief in das Erntegut oder in das Lebensmittel eindringen. Die gebildeten Pilzgifte werden dann in das Substrat, auf dem sie wachsen ausgeschieden oder aber in Zellen eingelagert, aus denen sie freigesetzt werden, wenn das Myzel – das ist der Zellverbund der Pilzfäden – aufbricht. Somit können die Toxine sowohl auf als auch in den Lebensmitteln vorkommen, was hinsichtlich eventueller Dekontaminationsmöglichkeiten von Bedeutung ist. Auch die Sporen der Schimmelpilze können Mykotoxine enthalten, wodurch eine mögliche Aufnahme über die Atemluft zu erklären ist.

Bestimmung von Mykotoxinen

Für die Bestimmung von Mykotoxinen stehen sowohl spurenanalytische Methoden als auch Schnellmethoden zur Verfügung. Für die Auftrennung der aus dem zu untersuchenden Lebensmittel gewonnenen Extrakte wird normalerweise die Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) eingesetzt. Der Nachweis und die Quantifizierung der Mykotoxine erfolgt dann mit Hilfe verschiedener Detektoren, wie Ultraviolett- (UVD) oder Fluoreszenz-Detektoren (FLD), oder aber mit Hilfe der Massenspektroskopie (MSD). Als modernstes Verfahren, mit dem verschiedene Toxine in einem einzigen Analysengang nebeneinander bestimmt werden können, gilt die HPLC/MS/MS. Durch Nacheinanderschalten von mehreren Massenspektrometer-Einheiten ergibt sich eine Kopplungsmöglichkeit, die Tandem-MS oder auch MS/MS genannt wird. Diese ist an ein chromatographisches Trennsystem, die Hochdruckflüssigkeitschromatographie, gekoppelt. Die Kopplung ermöglicht eine exakte Identifizierung und Quantifizierung sowohl von reinen Substanzen als auch von Substanzgemischen. Ein großer Vorteil der MS/MS ist deren Schnelligkeit – Messungen können hiermit innerhalb von Millisekunden durchgeführt werden.

Die bisher angesprochenen Analysenverfahren sind zwar sehr genau, aber äußerst zeitaufwendig, weshalb Schnellmethoden immer mehr an Bedeutung gewinnen. Unter Schnellmethoden versteht man schnell und einfach durchzuführende Tests, die sowohl qualitative als auch quantitative Ergebnisse liefern können. Die Untersuchungen können auf dem Feld oder im Labor durchgeführt werden, benötigen normalerweise keine teuren Geräte und sind deshalb aus der täglichen Routinearbeit nicht mehr wegzudenken. Typische Schnellmethoden sind immunologische Tests wie ELISA und Lateral-Flow-Tests, aber auch chemische Untersuchungen wie fluorimetrische Verfahren zur Bestimmung von Aflatoxinen.

Handlungsoptionen

Die meisten Mykotoxine sind chemisch sehr stabil und widerstandsfähig gegenüber Hitze, Lagerungsbedingungen und Verarbeitungsverfahren. In der Literatur sind zwar vielzählige Ansätze beschrieben, mit Mykotoxinen belastete Lebensmittel nachträglich zu detoxifizieren, doch sind die meisten Verfahren derzeit nicht praktikabel, da sie entweder zu aufwendig, zu teuer oder noch nicht ausreichend erprobt sind. Aus diesem Grunde kommt der Prophylaxe, also der Verhinderung des Verschimmelns von Lebens- und Futtermitteln eine enorme Bedeutung zu.

Ansatzpunkte im agrartechnischen Bereich sind u.a. die Auswahl der Fruchtfolge, der Anbau standortgerechter Sorten, schonende Ernteverfahren, sinnvolles Düngen, die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, Vermeidung von Staunässe sowie die Einhaltung geeigneter Pflanzabstände.

Die Kontamination von Erdnüssen mit Aflatoxinen, teilweise auch mit Cyklopiazonsäure ist nicht zuletzt durch die jeweiligen Umweltbedingungen ein ernsthaftes Problem in praktisch allen Anbaugebieten der Erde. In neuerer Zeit wurden daher auch biologische Ansätze entwickelt, dem Problem Herr zu werden. Ein Ansatz hierbei ist die Ausbringung von nicht toxigenen Stämmen von Aspergillus flavus auf die Felder, der die toxinbildenden Stämme dominant in ihrem Wachstum unterdrücken soll. Erste Versuche unter kommerziellen Bedingungen ergaben, dass der Aflatoxingehalt der Erdnüsse in den Lägern der Bauern um durchschnittlich 85 % und der bei den geschälten genussfähigen Erdnüsse um bis zu 98 % reduziert war.  

Was den Bereich der Nacherntebehandlung sowie der Lagerung von Lebens- und Futtermitteln anbelangt, gilt es in erster Linie Feuchtigkeit und Temperatur fachgerecht zu kontrollieren. Signifikante Erfolge können durch mechanisches Aussortieren auffälliger Produkte erzielt werden, wie dies z. B. bei Getreide, Erdnüssen, Walnüssen, Mandeln und Gewürzpaprika gezeigt wurde. Weitere Fortschritte sind hier durch den Einsatz empfindlicher und leistungsfähiger elektronischer Bilderkennungssysteme zu erwarten, mit Hilfe derer auffällige Produkte automatisch und sehr schnell erkannt und ausgeschleust werden können.

Höchstmengenregelungen für Mykotoxine

Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 315/93 dürfen in der EU keine Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, die Kontaminanten in einer gesundheitlich und insbesondere toxikologisch nicht vertretbaren Menge enthalten. Ergänzend gilt durch Art. 2 Abs. 2 ein Minimierungsgebot, wonach die Kontaminanten von der Herstellung bis zum Inverkehrbringen auf so niedrige Werte zu begrenzen sind, wie sie durch gute Praxis sinnvoll erreicht werden können. Es muss hierbei also das ALARA-Prinzip („as low as reasonably achievable”) bzw. das ALATA-Prinzip („as low as technologically achievable”) angewandt werden. Sollte es zum Schutz der Verbraucher erforderlich sein, können gemäß Art. 2 Abs. 3 durch die EU-Kommission schließlich auch Höchstmengen für bestimmte Kontaminanten festgelegt werden.

Auf dieser Grundlage wurden im Abschnitt 2 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (konsolidierte Fassung 2011) gemeinschaftsweit gültige Höchstgehalte für Mykotoxine festgelegt, so für die Aflatoxine (Aflatoxin B1 und Summengrenzwert für die Aflatoxine B1, B2, G1 und G2), für Ochratoxin A, Patulin sowie für die Fusarientoxine Desoxynivalenol, Zearalenon und die Fumonisine (Summengrenzwert für die Fumonisine B1 und B2). Obwohl laut dem Erwägungsgrund 38 für die T-2- und HAT-2-Toxine bis zum 01.07.2008 Höchtwerte festgelegt werden sollten, ist dies bis heute noch nicht geschehen. Grundsätzlich gelten die Höchstwerte für den essbaren Anteil der im Anhang genannten Lebensmittel, doch gibt es davon auch Ausnahmen, die in Fußnoten erläutert werden. 

Von praktischer Bedeutung ist das in Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 niedergelegte Vermischungsverbot, nachdem Lebensmittel, bei denen die im Anhang festgelegten Höchstgehalte eingehalten werden, nicht mit solchen vermischt werden dürfen, die diese Höchstgehalte überschreiten.

Neben den in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 formulierten Höchstgehalten gibt es in Deutschland noch zusätzliche Höchstgehalte für bestimmte Mykotoxine, welche in der Kontaminanten-Verordnung festgelegt sind. Bei dieser Verordnung handelt es sich um einen historischen Überrest der nationalen Regelungen, in denen besonders hinsichtlich der Mykotoxine detaillierte Höchstgehalte festgesetzt wurden. Die darin enthaltenen Höchstgehalte für verschiedene Kontaminanten werden allmählich durch europäische Regelungen abgelöst. Da Deutschland aber eine Vielzahl von Höchstgehalten geregelt hat, die bisher auf europäischer Ebene nicht bestehen, werden die nationalen Bestimmungen solange angewendet werden, bis es entsprechende EU-Regelungen gibt. 

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