Zum Hauptinhalt springen

Download Druckversion:

Autoren:

DLG-Ausschuss für Pflanzenzüchtung, Sortenwesen und Saatgut

  • Franz Beutl, IG-Pflanzenzucht, Vorsitzender des DLG-Ausschusses
  • Ludwig Lermer, Ludwig Lermer Agrar, stellv. Vorsitzender des DLG-Ausschusses
  • Dr. Christian Augsburger, Bayerische Pflanzenzucht- und Saatbauverbände
  • Gerda Bauch, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft 
  • Dr. Dennis Hehnen, Bundes­verband Deutscher Pflanzenzüchter e.V.
  • Dr. Richard Manthey, Bundessortenamt
  • Willi Thiel, Verband Niedersächsischer Saatguterzeuger e.V.
  • Dr. Bruno Görlach, DLG-Fachzentrum Landwirtschaft mit Unterstützung von Lisa Moosmann, Praktikantin DLG-Fachzentrum Landwirtschaft

Eine Stellungnahme des DLG-Ausschusses für Pflanzenzüchtung, Sortenwesen und Saatgut

Die Sortenzulassung und die Saatgutanerkennung bilden die Grundpfeiler des europäischen Saatgutrechts. Mit der amtlichen Sortenzulassung wird der Marktzugang neuer Sorten durch ein neutrales Prüfwesen anhand objektiver Prüfkriterien und auf Basis wissenschaftlicher Grundsätze geregelt. Durch die amtliche Saatgutzertifizierung wird jede Saatgutpartie vor der Aussaat einer neutralen mehrstufigen Prüfung unterzogen. Dies dient dem Verbraucher-, Ressourcen- und Umweltschutz sowie der Biodiversität gleichermaßen und fördert die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft. Mit seinen sieben Positionen setzt sich der DLG-Ausschuss deshalb für den Erhalt dieses, im Grundsatz bewährten, Systems ein und lehnt eine unnötige Bürokratisierung des Saatgutrechts entschieden ab.

Position 1:
Die verpflichtende amtliche Sortenzulassung garantiert innovative, verbesserte und ressourcenschonende Sorten und fördert eine nachhaltige Landwirtschaft. Sie muss erhalten bleiben!

Position 2:
Eine nachhaltige Landwirtschaft benötigt gesundes, sortenreines, keimfähiges Saat- und Pflanzgut. Dies gewährleistet das amtliche Saatenanerkennungsverfahren in der jetzigen Form, welches rechtzeitig vor der Aussaat zum Abschluss gebracht wird. Dies muss erhalten bleiben!

Position 3:
Die Landwirtschaft braucht zur Anpassung an den Klimawandel und die veränderten Ernährungsgewohnheiten eine hohe Biodiversität bei Nutzpflanzen. Dies gewährleistet eine leistungsfähige Züchterlandschaft, die eine breite Vielfalt an Kulturen bearbeitet. Dazu muss das neutrale Prüfsystem erhalten bleiben! 

Position 4:
Sonderregelungen bei der Sortenzulassung und Zertifizierung von Pflanzenvermehrungsmaterial bergen erhebliches Missbrauchspotenzial. Dies führt zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden beim Landwirt, schwächt die Innovationskraft der Pflanzenzüchtung und führt gleichzeitig zu Wettbewerbsverzerrungen. Wir fordern deshalb Sonderregelungen für den professionellen Bereich auf ein absolutes Minimum zu begrenzen!

Position 5:
Die Landwirtschaft benötigt für regionale agroklimatische Verhältnisse angepasste Sorten. Dafür hat sich das bisherige flexible System der amtlichen nationalen Sortenprüfung und -zulassung über Jahre bestens bewährt. Wir fordern daher dessen Erhalt! 

Position 6:
Die Einbeziehung des Saatgutrechts in die EU-Kontrollverordnung würde zu mehr Bürokratie und höheren Kosten ohne zusätzlichen Nutzen für die Wertschöpfungskette führen. Dies lehnen wir ab!

Position 7:
Wir fordern den Erhalt der bewährten Richtlinienstruktur in der EU-Saatgutgesetzgebung! Dies fördert die Möglichkeiten für eine nationale und standortspezifische Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele. Die Mitsprache der EU-Mitgliedstaaten muss auch zukünftig gewährleistet bleiben!

Position 1: Die verpflichtende amtliche Sortenzulassung garantiert innovative, verbesserte und ressourcenschonende Sorten und fördert eine nachhaltige Landwirtschaft. Sie muss erhalten bleiben!

Das Kriterium der Nachhaltigkeit ist bereits wesentlicher Bestandteil der Sortenprüfung und -zulassung. Nachhaltigkeit ist im landeskulturellen Wert (Summe der wertbestimmenden Faktoren) verankert, welcher die Grundlage für eine Sortenzulassung von verbesserten Sorten bildet. Die Steigerung der allgemeinen Resilienz und Resistenz gegenüber biotischen und abiotischen Stressfaktoren sowie Ertragssicherheit dienen der Ressourcenschonung. Sorten müssen neutral und transparent geprüft und beschrieben werden, damit Landwirte und Beratung die geeignete Sorte auswählen können. Die bestehenden Gesetze und Verordnungen haben bewiesen, dass sie diese Anforderungen seit vielen Jahrzehnten exzellent erfüllen können und den nötigen Spielraum für sich verändernde Rahmenbedingungen bieten. 

Beispiel: Neben der Regelung, dass nur Sorten zugelassen werden, die eine grundsätzliche Verbesserung gegenüber allen am Markt befindlichen Sorten darstellen, kann jeder Züchter beim Antrag auf Sortenzulassung auf die Besonderheiten seiner Sorte hinweisen. Sollten diese Eigenschaften in der Regelprüfung nicht erfasst werden, können besondere Prüfungen vereinbart werden. Eine Zulassung ist auch möglich, wenn die neue Sorte nur für bestimmte Regionen/Problemlagen eine Verbesserung darstellt. In- und ausländische Antragsteller, konventionelle und ökologische sowie große und kleinste Antragsteller werden absolut gleichgestellt. Jede zugelassene Sorte erhält eine nachvollziehbare, neutrale Beschreibung. Am Markt können sich so die geeignetsten Sorten durchsetzen und nicht die Sorten mit dem höchsten Werbeetat.

 
Position 2: Eine nachhaltige Landwirtschaft benötigt gesundes, sortenreines, keimfähiges Saat- und Pflanzgut. Dies gewährleistet das amtliche Saatenanerkennungsverfahren in der jetzigen Form, welches rechtzeitig vor der Aussaat zum Abschluss gebracht wird. Dies muss erhalten bleiben!

Eine erfolgreiche, nachhaltige Landwirtschaft ist auf hochentwickeltes Saatgut bester Qualität angewiesen. Hochqualitatives, geprüftes Saatgut führt zur Vermeidung von Ernteausfällen und fördert die Ernährungssicherheit.

Die lückenlose Prüfung und Zertifizierung aller Saatgutchargen vor dem Inverkehrbringen sichert die Qualität bezüglich Krankheiten, Sortenreinheit, Sortenidentität und Keimfähigkeit. Bei den Feldprüfungen werden Sortenverunreinigungen, invasive Unkrautarten, Gesundheit sowie Abstände geprüft und somit Fremdbestäubung ausgeschlossen. Dies schafft die Grundlage für Verbraucherschutz. Im Gegensatz dazu ist ein rein stichproben- und risikobasiertes Kontrollsystem im Markt aus Sicht des Verbraucherschutzes kontraproduktiv, da das Risiko für den Verbraucher erst nach der Produktion identifiziert werden kann. 

Beispiel: Informationen über die Keimfähigkeit des Saatgutes vor der Aussaat zu haben ist entscheidend für den erfolgreichen Anbau von Getreide. Die Freiheit des Saatgutes von Unkrautsamen, insbesondere invasiven Arten, ist vor allem im ökologischen Landbau ein wichtiges Kriterium.

 
Position 3: Die Landwirtschaft braucht zur Anpassung an den Klimawandel und die sich verändernden Ernährungsgewohnheiten eine hohe Bio­diversität bei Nutzpflanzen. Dies gewährleistet eine leistungs­fähige Züchterlandschaft, die eine breite Vielfalt an Kulturen bearbeitet. Dazu muss das neutrale Prüfsystem erhalten bleiben! 

Aktive Pflanzenzüchtung bildet die Voraussetzung für Biodiversität bei Nutzpflanzen, die bereits züchterisch bearbeitet werden. Damit sichert eine breit aufgestellte Pflanzenzüchtung die Vielfalt beim Saatgut und leistet einen Beitrag zum Erhalt pflanzengenetischer Ressourcen landwirtschaftlich genutzter Nutzpflanzen.

Objektive und neutrale Kriterien einer Sortenzulassung begünstigen und sichern Chancengleichheit und einen fairen Wettbewerb im europäischen Markt. Damit ist auch ein Erhalt der breiten mittelständischen Züchterstruktur in Deutschland möglich, welche einmalig in Europa ist. Ein auf objektive Kriterien ausgerichteter Wettbewerb sichert eine Chancengleichheit für alle Züchtungsbetriebe, unabhängig von der Unternehmensgröße und gewährleistet, dass der Landwirtschaft ein breites Angebot an leistungsfähigen Kulturen und Sorten zur Verfügung gestellt wird. Dies ermöglicht der Landwirtschaft sich auf regionale Anbaubedingungen optimal anzupassen und somit zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft beizutragen. Die im internationalen Vergleich einmalige Vielfalt an kleinen und mittelständischen Saatzucht-Unternehmen in Mitteleuropa gestaltet einen großen Innovationsraum und vermeidet die Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Praxis von nur wenigen Saatgutanbietern. Die politischen Instrumente müssen so ausgerichtet sein, dass diese Vielfalt gestärkt wird.

 

Position 4: Sonderregelungen bei der Sortenzulassung und Zertifizierung von Pflanzenvermehrungsmaterial bergen erhebliches Missbrauchs­potenzial. Dies führt zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden beim Landwirt, schwächt die Innovationskraft der Pflanzenzüchtung und führt gleichzeitig zu Wettbewerbsverzerrungen. Wir fordern deshalb Sonderregelungen für den professionellen Bereich auf ein absolutes Minimum zu begrenzen!

Aus Gründen der Transparenz für alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber für die Verbraucher, sowie einer kostengünstigen und effektiven Verfahrensbegleitung, sollten sämtliche Sonderregelungen (Erhaltungssorten, Erhaltungsmischungen, Populationssorten, Heterogenes Material, Waxy-Sorten u. ä.) im professionellen Bereich dem üblichen Anerkennungsverfahren mit reduzierten und fachlich begründeten Anforderungen und reduziertem Umfang unterliegen. Im Hobbybereich sollten klar definierte Ausnahmen vom Geltungsbereich der Saatgutgesetzgebung geschaffen werden, so dass die Saatgutweitergabe für den nichtprofessionellen Bereich mit geringen bürokratischen Auflagen möglich ist. Es ist sicherzustellen, dass durch Ausnahmen im Hobbybereich keine Einschleppung von Krankheiten in den professionellen Bereich erfolgen. Zu berücksichtigen sind phytosanitäre Aspekte insbesondere bei den Kulturen, in denen Quarantänekrankheiten auftreten. Demzufolge sind Sonderregelungen für den Hobbybereich klar zu definieren und unter Berücksichtigung phytosanitärer Risiken unbürokratisch zu ermöglichen.

Beispiel: Bereits heute besteht die Möglichkeit, Pflanzenvermehrungsmaterial von traditionellen und von an lokale Bedingungen angepassten Sorten (Erhaltungssorten und Gemüsesorten ohne Wert für den Anbau zu kommerziellen Zwecken (Amateursorten)) unter vereinfachten Bedingungen für den Markt bereitzustellen, weitere Ausnahmen werden hier nicht benötigt.

 
Position 5: Die Landwirtschaft benötigt für regionale agroklimatische Verhältnisse angepasste Sorten. Dafür hat sich das bisherige flexible System der amtlichen nationalen Sortenprüfung und -zulassung über Jahre bestens bewährt. Wir fordern daher dessen Erhalt! 

Die klimatischen Bedingungen aber auch abiotische und biotische Stressfaktoren, wie Trockenheit und Krankheiten/Schädlinge, differieren stark innerhalb der EU. Die Ansprüche an Saatgut und Sorten unterscheiden sich daher auf nationaler Ebene und machen angepasste Regelungen unverzichtbar. 

Beispiel: Die klimatischen Bedingungen zwischen Nord-, Süd-, West- und Osteuropa variieren stark. Die nationale Wertprüfung trägt dem Rechnung.
 

Position 6: Die Einbeziehung des Saatgutrechts in die EU-Kontrollverordnung würde zu mehr Bürokratie und höheren Kosten ohne zusätzlichen Nutzen für die Wertschöpfungskette führen. Dies lehnen wir ab!

Die Landwirtschaft braucht/steht für Verbraucherschutz. Die Einbeziehung des Saatgutbereichs in die EU-Kontrollverordnung ist aus Gründen der Effektivität und des Verbraucherschutzes kontraproduktiv und ist wieder zurückzunehmen. Saatgutthemen müssen im Saatgutfachrecht verbleiben. Das derzeitige System sichert die Qualität und stellt die Ergebnisse rechtzeitig für die folgende Aussaat zur Verfügung. Die Einbeziehung von RNQP (regulierte Nicht-Quarantäneschädlinge) und ÖHM (ökologisch heterogenem Material) in die Kontrollverordnung verzögert die Prozesse und führt zu einer Bürokratisierung und Verteuerung dieser, ohne Nutzen für den Saatgutverbraucher.  Es ist u. a. zu erwarten, dass unter der Kontrollverordnung einerseits Labortests zunehmen (doppelte Untersuchungen) und andererseits die fachliche Beurteilung von Vermehrungsbeständen durch geschultes Personal abnehmen werden. Dadurch wird das System starr, unflexibel und teuer.

 
Position 7: Wir fordern den Erhalt der bewährten Richtlinienstruktur in der EU-Saatgutgesetzgebung! Dies fördert die Möglichkeiten für eine nationale und standortspezifische Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele. Die Mitsprache der EU-Mitgliedstaaten muss auch zukünftig gewährleistet bleiben! 

Das zukünftige Saatgutrecht muss gewährleisten, dass Änderungen auf politischer Ebene weiterhin mit allen Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament abgestimmt werden. Eine erweiterte Übertragung von Befugnissen auf die EU-Kommission ist abzulehnen!

Aufgrund der gravierenden naturgegebenen, fachlichen sowie organisatorischen Unterschiede in den EU-Ländern ist der Fortbestand flexibler nationaler Regelungen in der derzeitigen Form erforderlich. Deshalb sollte die EU-Saatgutgesetzgebung keinesfalls in Form einer Verordnung geregelt werden.

Die DLG steht für 120 Jahre Saatgutkompetenz! Im Jahr 1902 formulierte die DLG die „Grundregel für die D.L.G. – Anerkennung von Saatgut“. Viele Kernelemente dieser Regeln (Sortenwahl und Feldbesichtigung, Saatgutuntersuchung, Anerkennung) haben bis heute in den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen Gültigkeit.

Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte, Zeichnungen oder Bilder (auch für den Zweck der Unterrichtsgestaltung) sowie Bereitstellung des Merkblattes im Ganzen oder in Teilen zur Ansicht oder zum Download durch Dritte nur nach vorheriger Genehmigung durch DLG e.V., Servicebereich Marketing, Eschborner Landstraße 122, 60489 Frankfurt am Main, Tel. +49 69 24788-209, M.Biallowons@DLG.org 

 

Kontakt

DLG e.V. • Michael Biallowons • Tel.: +49(0)69/24 788-209 • m.biallowons@DLG.org