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Autor:

Daniel Rittershaus

Vereinigte Hagelversicherung
VVaG, Gießen

Für landwirtschaftliche und gartenbauliche Kulturen besteht seit jeher die Gefahr von Schäden durch Wetterrisiken. Hagel, Sturm, Starkregen oder Frost können die Pflanzen bis hin zum Totalausfall schädigen. In den letzten Jahren ist als weitere besondere Gefahr die Dürre bzw. Trockenheit hinzugekommen. Über zwei Drittel der Ackerfläche in Deutschland sind zurzeit gegen Hagel und/oder andere Gefahren versichert. Gegen Dürre hingegen sind es weniger als ein Prozent der Fläche. Woran liegt das und wie sieht die Situation im Ausland, z. B. in den Niederlanden aus?

In Deutschland ist traditionell eine sogenannte schadenbasierte Versicherung üblich, gegen Hagel bereits seit rund 200 Jahren. Nach einer Schadenmeldung besichtigen Sachverständige den betreffenden Schlag. Der Landwirt bekommt dabei den tatsächlich auf seinem Feld entstandenen Schaden von der Versicherung ersetzt. I. d. R. handelt es sich um eine Versicherung des konkret festgestellten mengenmäßigen Ertragsverlustes. Bei Sonderkulturen ist zumeist auch der Qualitätsverlust miteingeschlossen. 

Einige auf dem deutschen Markt tätige Ernteversicherer bieten seit wenigen Jahren die Dürrepolice als Zusatzbaustein zur Hagelversicherung an. Eine Kombination mit anderen Mehrgefahren ist ebenfalls möglich, aber keine Voraussetzung. Diesen Angeboten gemeinsam ist, dass die Schäden durch Hagel und ggf. Sturm, Starkregen und Frost schadenbasiert reguliert werden, die Entschädigung von Dürreschäden jedoch aufgrund eines so genannten Index erfolgt. Bei Dürreschäden handelt es sich nämlich um ein Kumulrisiko, bei dem große Regionen mit hohen Ertragsausfällen zu entschädigen sind. Da der Schaden im Gegensatz zu Hagel oder Starkregen allmählich entsteht und sämtliche Schäden in einem engen Zeitfenster begutachtet werden müssen, gerät eine intensive Begehung aller geschädigten Flächen durch Sachverständige schnell an ihre Grenzen. Zudem unterliegt eine passgenaue Bewertung des Schadens durch Trockenheit anderen Kriterien als Beschädigungen der Pflanzen durch Hagel. Die Entschädigungszahlung ist daher – anders als bei der Ertragsschadenversicherung – nicht an den Nachweis eines tatsächlich eingetretenen Schadens an den angebauten Kulturen geknüpft. Vielmehr wird das Recht gekauft, in Abhängigkeit von einem vertraglich definierten theoretischen Index eine Zahlung zu erhalten. Dabei ist es unerheblich, ob tatsächlich ein Schaden auf dem Feld entstanden ist. Genauso kann es passieren, dass ein Schaden existent ist, der Index aber noch nicht erreicht wurde (also auch keine Zahlung geleistet wird). Indexversicherungen sind streng genommen sogenannte Risikotransferprodukte.

Je nach den individuellen Anforderungen können Wetterindexlösungen als Versicherungspolice oder als Finanzprodukt, etwa als Wetterderivat, ausgestaltet sein. Und genau dies ist ein System, bei dem ein Basisrisiko beim Landwirt verbleibt und welches in der Praxis nur schwer angenommen wird.

Wichtig wäre es daher, ein System zu etablieren, bei dem das Erreichen eines Indizes möglichst eng mit dem konkreten Schaden korreliert ist. In den Niederlanden, wo z. B. die Vereinigte Hagel seit rund zehn Jahren eine Dürreversicherung anbietet, ist ein solches System bereits verankert. Die Nachfrage danach ist groß, über 25 % der versicherten Fläche ist auch gegen Dürreschäden abgesichert. Dies hängt zum einen mit der Verknüpfung von Schadereignis und dem eigenen Ertrag, aber auch mit der Förderung zusammen, die die Prämie für den Landwirt attraktiv macht. Mit bis zu 63,7 % wird dort die sog. „Brede Weers­verzekering“, eine umfassende Versicherung gegen insgesamt sieben Gefahren, gefördert. Dabei legt der Landwirt je Kultur seinen Hektarwert fest; dieser gilt für sämtliche versicherte Gefahren. Diese umfassende Deckung muss in den Niederlanden aufgrund der Förderrichtlinien für sämtliche Freilandkulturen angeboten werden. Der Prämienanteil je Gefahr ergibt sich aus den kulturspezifischen Anfälligkeiten hierfür sowie der der regionalen Verteilung.

Ist der versicherte Landwirt der Meinung, dass ein Dürreschaden auf seinem Feld vorliegt, meldet er diesen bei der Versicherung. Anerkannt wird diese Meldung, wenn innerhalb des Haftungszeitraums bis dahin ein vorher festgelegtes Niederschlagsdefizit erreicht ist. Dieses Defizit – eine Bilanz aus gefallenem Niederschlag und Verdunstung – wird jeden Tag von April bis Oktober vom Koninklijk Nederlands Meteorologisch Instituut (KNMI) auf dessen Website landesweit veröffentlicht. 

Bei einer anerkannten Schadenmeldung begutachten Sachverständige das gemeldete Feldstück; je nach Meldezeitpunkt im Rahmen einer Vorbesichtigung oder bereits als Endregulierung. Der Marktertrag wird dabei stichprobenartig ermittelt. So werden z. B. Kartoffeln oder Zwiebeln an Zählstellen per Hand geerntet und bewertet oder es kann der Getreideertrag per Handmähdrescher ermittelt werden, sofern die Begutachtung per Augenschein keine sichere Bewertung zulässt. Der ermittelte Marktertrag wird dann mit einem statistisch ermittelten Referenzwert aus den regionalen Erträgen verglichen. Möglich ist aber auch der konkrete Vergleich mit einem eigenen Referenzwert des Landwirtes. Sofern verfügbar werden die Ertragsdaten der letzten fünf Jahre herangezogen, wobei der höchste und der niedrigste Wert gestrichen werden. Aus dem Vergleich der Werte ergibt sich somit der festgestellte Verlust bzw. die Schadenquote. Von der festgestellten Schadenquote wird noch ein aufgrund der EU-Förderrichtlinien festgelegter obligatorischer Selbstbehalt in Abzug gebracht (abgedeckt werden sollen vorrangig existenzbedrohende Schäden).

Beispiel:

  • Pflanzkartoffeln versichert mit einem Hektarwert von 12.000 €.
  • Festgestellter Verlust beim Marktwert im Vergleich zum Referenzwert 60 %
  • Obligatorischer Selbstbehalt z. B. 30 %-Punkte
  • Auszahlungsbetrag:
  • 12.000 € · 30 % = 3.600 €/Hektar

Für bestimmte Kulturen wie Salat oder Baumschulpflanzen ist eine Bewässerung obligatorisch und in der Praxis ohnehin üblich. Ohne Bewässerung besteht kein Versicherungsschutz. Ausnahmen existieren, wenn eine Wasserentnahme behördlich untersagt wird oder eine Bewässerung aufgrund von Verunreinigungen des Wassers nicht mehr möglich wäre.

Das Beispiel aus den Niederlanden zeigt auf, dass zur Feststellung, ob tatsächlich ein Trockenheitsereignis zum Schaden geführt haben kann, ein vorgeschalteter Index unerlässlich ist. Im Gegensatz beispielsweise zu Hagel („Ohne Anschlag kein Hagel.“) lässt sich dieses sonst kaum nachweisen. Durch den Vergleich des individuellen Ertrags mit einem festgelegten Referenzertrag ist zudem der direkte Zusammenhang zwischen Wetterereignis und dem konkreten Schaden auf dem Feld gewährleistet. 

Kontakt

DLG e.V. • Michael Biallowons • Tel.: +49(0)69/24 788-209 • m.biallowons@DLG.org