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Über Wurst lässt sich reden

Sensory Claims

aus: DLG-Lebensmittel 06/2018, Seite 12ff.

Die Auslobung von sensorisch wahrnehmbaren Produkteigenschaften rückt immer stärker in den Fokus, um Verbrauchern bei der zunehmenden Vielfalt an Lebensmitteln hilfreiche Entscheidungskriterien zu liefern. Die Kommunikation positiver Eigenschaften, wie sie bei Wein oder Kaffee mittlerweile selbstverständlich ist, steckt bei Wurstwaren noch in den Anfängen. Deshalb hat die DLG in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda ein Projekt initiiert, das sich mit geeigneten Sensory Claims für Wurstwaren befasst.

Auf die Unterteilung und die methodische Entwicklung von Sensory Claims wurde bereits in vorangegangenen Ausgaben der DLG-Lebensmittel (01/2016 und 04/2017) eingegangen. Insbesondere die nicht-vergleichenden und sensorisch wahrnehmbaren Auslobungen bieten Herstellern von Lebensmitteln die Möglichkeit, die positiven Eigenschaften ihrer Produkte gegenüber dem Verbraucher darzustellen.

Während bei Qualitätsprüfungen eine ganzheitliche Betrachtung des Produktes notwendig ist und dabei ein vielfältiges Vokabular insbesondere zur Fehlerbeschreibung genutzt wird, ist die sensorische Charakterisierung von Wurstwaren durch positive Eigenschaften noch nicht sehr verbreitet. Dabei eignen sich genau diese Attribute zur Kommunikation mit dem Verbraucher. Dass solche sensorischen Angaben, z. B. zum Geschmack, die Kaufentscheidung aktiv beeinflussen können, belegen verschiedene wissenschaftliche Studien.

Geschmack

Der Geschmack stellt bei Lebensmitteln eines der wichtigsten Kaufkriterien dar – allerdings auch genau jenes, welches sich vor dem Kauf nur unzureichend ermitteln lässt. Insbesondere bei Wurstwaren geht der Trend seit Jahren hin zu SB-Produkten, während sich der Verkauf von loser Ware rückläufig zeigt. Das Verkosten am Point-of-Sale rückt somit zunehmend in den Hintergrund, ebenso wie die Möglichkeit, bislang unbekannte Produkte anhand von persönlichen geschmacklichen Präferenzen auszuwählen.

Um diesem Umstand zu begegnen, wurde von der DLG in Zusammenarbeit mit der Hochschule Fulda ein Projekt initiiert, welches sich mit der Ermittlung geeigneter Sensory Claims für die Beschreibung von Wurstwaren befasst. Diese verfolgen das Ziel, dem Verbraucher begründete und vor allem nachvollziehbare Angaben zu den charakteristischsten Eigenschaften des Produktes zu liefern. Das ist zum einen essentiell, um hinsichtlich Irreführung in keinen Konflikt mit dem Verbraucherschutz zu geraten und zum anderen, um die notwendige Vertrauensbasis für den Verbraucher zu schaffen sowie einen wahrnehmbaren Mehrwert zu generieren.

Da für die Ermittlung aktuell noch keine nationalen Richtlinien vorliegen, wurde sich bei der Bestimmung an den anerkannten „ASTM Guidelines for Sensory Claims Substantiation“ orientiert. Durch dieses Vorgehen ist sichergestellt, dass sich die Auslobungen vor allem begründet und nachvollziehbar darstellen.

Hierfür wurde die Methode der einfach beschreibenden Prüfung zur Bestimmung der positiven Deskriptoren genutzt, begleitet von zusätzlichen Schritten zur Vorbereitung und Validierung (Abb.1).

Dabei sind neun verschiedene Produkte, jeweils drei Vertreter von Brüh-, Koch- und Rohwurst, analysiert worden, um einen möglichst breiten Querschnitt über die Kategorien und deren spezifische Gegebenheiten zu erhalten. Die einfach beschreibenden Prüfungen wurden dabei sowohl von einer Expertengruppe durchgeführt, die über umfangreiche Kenntnisse auf dem Gebiet der Fleischwaren verfügt, als auch von einer Studentengruppe mit grundlegenden Kenntnissen auf dem Gebiet der Lebensmittel. Beide Gruppen waren angewiesen, Geruch, Geschmack, Gesamteindruck und Textur der Produkte mit positiven Attributen zu beschreiben. Als optionale Hilfestellung wurde hierbei eine „Ur-Liste“ mit möglichen Merkmalseigenschaften gereicht, die einige der am häufigsten in der Fachliteratur enthaltenen und für Wurstwaren als geeignet erachteten Deskriptoren darstellte.

Durch die Auswertung der von den verschiedenen Gruppen zur Beschreibung verwendeten Merkmalseigenschaften wurden Unterschiede bei der Wahl der Begrifflichkeiten aufgedeckt. Eine Betrachtung der Schnittmengen unter Berücksichtigung der Nennhäufigkeiten erlaubte auf diese Weise das Generieren einer Positivliste. Diese ermöglichte die positive Charakterisierung der Wurstwaren mit sensorisch wahrnehmbaren Eigenschaften.

Die umfangreiche Positivliste eignet sich zur innerbetrieblichen Ermittlung der positiven Eigenschaften, ist jedoch für eine kurze und prägnante Auslobung zu umfangreich. Indem eine weitere Reduzierung auf wesentliche Begrifflichkeiten vorgenommen wurde, konnten Prüfformulare sowohl für die CATA- als auch für die Konsensprofil-Methode abgeleitet werden. Mit diesen lassen sich sowohl qualitative als auch quantitative Bestimmungen der wesentlichen positiven Merkmalseigenschaften des Aromas und der Textur vornehmen (Abb. 2).

Insbesondere um zu sehen, in wie weit die Ergebnisse in der Praxis angenommen werden, wurde eine abschließende Validierung der Begriffe in Form eines „Geschmacks- und Texturprofils“ durchgeführt, wie sie bereits bei der DLG für Wein und Bier Anwendung finden. Insgesamt sechs Proben wurden dabei mit Musterprofilen versehen, die sowohl charakteristische Attribute als auch deren Intensitäten enthielten. Hierfür wurden von einer Fachgruppe, je nach Produkt, drei bis fünf Merkmalseigenschaften ausgewählt, anhand deren die verschiedenen Proben beschrieben werden können (Abb. 3).

Das Ergebnis des hierfür durchgeführten kategorischen In-/Out-Tests zeigt, dass die Mehrheit der Verbraucher die Profile grundsätzlich bei allen Produkten als zutreffend erachtet. Auch wenn der Grad der Zustimmung jeweils variiert, zeigt es, dass die Auslobungen bei den Konsumenten den gewünschten Effekt erzielen. Das positiv besetzte Vokabular in Form der Sensory Claims stellt den Herstellern von Fleischerzeugnissen ein Werkzeug zur Verfügung, durch welches die positiven Eigenschaften der Wurstwaren den Verbrauchern bereits vor dem Kauf nachvollziehbar dargestellt werden können.

Insbesondere wenn hierbei die objektive Qualitätsprüfung und Auslobung kombiniert mit den sorgfältig ausgewählten sensorischen Eigenschaften vorgenommen wird, können Auslobungen geschaffen werden, die letztendlich direkten Einfluss auf die Kaufentscheidung nehmen. Die angewandten Methoden und erlangten Ergebnisse bilden dabei eine erste Grundlage und zeigen die Möglichkeiten der Sensory Claims bei Wurstwaren auf. Die große Variationsbreite innerhalb der Fleischerzeugnisse und die Anforderungen an eine verständliche Kommunikation der sensorischen Eigenschaften mit dem Verbraucher stellen aber Herausforderungen dar, die es konsequent weiter zu verfolgen gilt.

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