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Plant Based Food

Alternativprodukte auf dem DLG-Prüfstand

Bei der Qualitätsprüfung „Plant Based Food“ der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) wurden 73 vegane und vegetarische Erzeugnisse von Experten-Panels nach produktspezifischen Prüfschemata untersucht. Die DLG-Expertin Prof. Dr. Monika Gibis, Uni Hohenheim, erläutert die sensorischen Testergebnisse und zeigt, wo Optimierungsbedarf besteht.

 

In den letzten Jahren wuchs der Konsum von veganen und vegetarischen Produkten stetig jedes Jahr um ca. 8-10%. Immer mehr Verbraucher verzichten bewusst auf Produkte aus Fleisch und tierischem Fett. Dafür sprechen sehr unterschiedliche Gründe, insbesondere ethische und ökologische Gesichtspunkte wie Tier-, Umwelt- und Klimaschutz, aber auch wissenschaftliche Empfehlungen hinsichtlich einer gesünderen Ernährung 1, 2 werden angeführt. Gerade prozessierte Fleischprodukte und rotes Fleisch werden besonders mit dem Risiko an Darmkrebs zu erkranken in Verbindung gebracht. Aber auch eine wachsende Weltbevölkerung von derzeit annähernd 8 Mrd. auf eine prognostizierte Zahl von 9,2 Mrd. im Jahr 2050 sind Gründe für eine wachsende Zahl von Konsumenten Nahrungsquellen aus pflanzlicher oder mikrobieller Basis einzusetzen 3-5.

Aufgrund der steigenden Nachfrage ist dieses Marktsegment der rein pflanzlichen Lebensmittelprodukte in den letzten Jahren stark gewachsen. Es wird im Zeitraum von 2020 bis 2025 von einer jährlichen Steigerungsrate im zweistelligen Bereich ausgegangen. Nach den veganen und vegetarischen Alternativprodukten für Milch und Milcherzeugnisse folgen die Alternativprodukte für Fleisch- und Wurstwaren bereits auf Platz 2 sowohl global als auch in Deutschland. Im Jahr 2021 erzielten in Deutschland die pflanzenproteinbasierten Alternativprodukte für Milch und Milcherzeugnisse einen Absatz von über 286 Mio. kg bzw. L pro Jahr sowie für Fleisch- und Wurstwaren einen Absatz von rund 13 Mio. kg/Jahr 6.

In Deutschland wurden im Jahr 2020 etwa 310 Millionen Kilogramm bzw. Liter pflanzlicher Ersatzprodukte (Surrogate) im Lebensmitteleinzelhandel abgesetzt. Damit hat sich das Verkaufsvolumen von Ersatzprodukten auf Pflanzenbasis gegenüber dem Vorjahr um 47 Prozent (2019: 210 Millionen kg bzw. L) und gegenüber 2018 um 80 Prozent (2018: 172 Millionen kg oder L) vergrößert 7. Auch die Anzahl der Konsumenten in Deutschland, die sich selbst als Veganer bzw. Vegetarier einordnen,  hat sich entsprechend deutlich vergrößert. Diese lag im Jahr 2022 bei 1,58 Millionen mit einer Steigerungsrate zum Vorjahr von ca. 12% bzw. bei 7,9 Millionen mit einer Rate von ca. 6,7% 8, 9.

Der Markt für alternative Produkte

Einige Unternehmen haben diese Entwicklung bereits erkannt und produzieren Fleisch bzw. Fleischerzeugnisalternativen oder Alternativprodukte für Milch und Milcherzeugnisse auf pflanzlicher Basis. Jedoch werden die omnivoren Konsumenten und Flexitarier diese, insbesondere rein pflanzlichen Alternativen, nur akzeptieren, wenn sowohl Geruch und Geschmack als auch die Konsistenz den Fleischwaren- bzw. Milcherzeugnis-Alternativen in der Wahrnehmung möglichst nahekommen. Vorwiegend finden sich derzeit entweder streichfähige pflanzliche Brotaufstriche auf dem Markt oder schnittfeste Produkte, die allerdings noch tierische Proteine, wie z.B. Molken- oder Eiproteine, zur Strukturierung enthalten können. In dieser Produktklasse der vegetarischen Produkte gibt es recht ansprechende Produkte mit einer guten Bindung und festen Konsistenz, die den Wurst- bzw. Käseerzeugnissen vergleichbar sind. Der oft für rein pflanzliche Produkte praktizierte Entwicklungsansatz, aus Mischungen gelöster pflanzlicher Proteine und/oder Hydrokolloide unter Zugabe unstrukturierter pflanzlicher Öle oder Fette wurstähnliche Strukturen zu erzeugen, führt zu Produkten, die hinsichtlich ihrer Textur eher einen Brotaufstrich- bzw. Käse- als einen Wurstcharakter besitzen.

Roh- und Kochwurstalternativen

Darüber hinaus existieren derzeit wenige Würste auf pflanzlicher Basis, die einen Rohwurst- bzw. Kochwurstcharakter  (z.B. Leberwurst) besitzen. Bei der Herstellung schnittfester pflanzlicher Alternativen für Käse- und Wurstwaren werden die verschiedenen Hauptkomponenten wie pflanzliche Fette und Öle, insbesondere strukturierte Fette (Ölgele, Emulsiongels etc.) 10, Proteinextru­date als texturiertes Protein, sowie Proteinkonzentrate und/oder Hydrokolloide auf Basis einer Rezeptur ge­mischt und gegebenenfalls zerkleinert, so dass eine kohärente Grundmasse entsteht 11. Diese dient zur Wei­terver­arbeitung und kann gepumpt, gefüllt oder geformt werden. Für die Schnittfestigkeit der Produkte müssen die Massen strukturiert werden. Dies erfordert eine Verfestigung, um das Produkt in eine Form zu fixieren und um eine ansprechende Konsistenz mit Bissfestigkeit zu gewährleisten. Einige Konsumenten bemängeln solche Produkte, da deren sensorische Bewertung in Bezug auf Mundgefühl, Festigkeit, Kaubarkeit (z.B. gummiartig) und Zusammenhalt ungenügend ist 12.

DLG-Qualitätsprüfung

Bei der DLG- Qualitätsprüfung „Plant-Based Food“ wurden 73 vegane und vegetarische Handelsproben untersucht. Dabei wurden 36 vegane oder vegetarische Fleischalternativprodukte sensorisch beurteilt; darunter waren 8 vegetarische Erzeugnisse vertreten. Die vegetarischen Erzeugnisse enthielten zumeist Hühnereiweiß, welches die Bindung deutlich verbessert und damit weniger Konsistenzfehler auftreten. Bei den veganen Erzeugnissen wurde zur Bindung meist Weizenprotein, aber auch Kartoffelprotein eingesetzt. Beide Pflanzenproteine besitzen sowohl kohäsive als auch adhäsive Eigenschaften und ermöglichen so eine bindigere Textur der pflanzlichen Bestandteile. Insbesondere Weizengluten, bekannt als „Seitan“, zeigt eine besonders fleischähnliche Struktur und wird sehr gerne in Verbindung mit Tofu eingesetzt. Meist erfolgt dies neben pflanzlichen Proteinen wie Soja und Erbse, die in den Produkten mengenmäßig dominieren.

Typische Abweichungen

Typische Fehler der Konsistenz sind „Zusammenhalt mangelhaft“, „Hohlstellen“ oder „gummiartig“ und „zu weich“; geschmacklich wird sehr häufig eine nicht abgestimmte Würzung oder ein fehlendes charakteristisches Aroma bemängelt (Tabelle 1). Als Fett- bzw. Ölkomponente wird sehr häufig Rapsöl eingesetzt, da es einen relativ neutralen Geschmack aufweist. Bei den veganen Erzeugnissen – Typ Brühwurst fiel im Aussehen der Erzeugnisse auf, dass 4 Produkte einen „grauen Rand“ als Fehler aufwiesen. Normalerweise werden für ein ansprechendes Aussehen vegane Lebensmittelfarbstoffe z.B. Rote-Bete-, Paprika-, Radieschen-, schwarze Karottensaftkonzentrate bzw. -extrakte, Anthocyane, Eisenoxidpigmente oder Carotinoide wie  z.B. Lycopin eingesetzt, um die Fleischalternative optisch möglichst ansprechend dem Original anzupassen. Allerdings hat sich gezeigt, dass insbesondere die Hitzebeständigkeit bei vielen Pflanzenfarbstoffen ein Problem darstellt. Echtes Karmin (E 120), das sehr häufig in Brühwürsten zum Einsatz kommt, wird aus Cochenille-Schildläusen durch Extraktion gewonnen und kann deshalb weder bei veganen noch vegetarischen Alternativen eingesetzt werden.
 

Tabelle 1: DLG-Testergebnisse vegane und vegetarische Erzeugnisse als Alternativprodukte für Fleisch und Fleischerzeugnissen

ERZEUGNISAnzahlDLG-PreisMängel
  GoldenerSilbernerBronzenerKein 
Sonstige vegane / vegetarische Fertiggerichte ohne Beilage gekühlt176551Konsistenz: Zusammenhalt mangelhaft 2x, gummiartig, weich/schwammig/pappig 2x, innen wie roh, Geschmack: bitter 2x, Würzung zu stark, Panade: abgelöst, schmierig unter Panade, zu viel
Sonstige vegane / vegetarische  Fertiggerichte ohne Beilage TK1 1  Charakteristisches Aroma fehlt
Vegane / vegetarische Erzeugnisse
- Typ Brühwurst
113152Aussehen: Rand grau 4x , Hohlstellen bzw. porig 3x; Konsistenz: im Biss zu kurz bzw. schwammig 3x, weich; Geschmack: Würzung nicht abgestimmt 3x
Vegane / vegetarische Erzeugnisse
- Typ Kochwurst
2  2 Geschmack: Würzung nicht abgestimmt, charakteristisches Aroma fehlt; Geruch: Karamellartig 2x
Vegane / vegetarische Erzeugnisse
- Typ Rohwurst
4 22 Geschmack: charakteristisches Aroma fehlt 4 x
Andere gebundene Soßen gekühlt11    
Summe36109143 


Milchersatzprodukte

Zudem wurden 37 vegane Milchersatzprodukte sensorisch untersucht. Davon waren die vorgestellten Produkte, nämlich insgesamt 16, größtenteils vegane Getränke bestehend aus Mandel, Kokos, Reis oder Hafer. Von diesen waren 11 Getränke als Haferdrinks ohne bzw. mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen wie Kaffee, Vanille oder Kakao sowie 3 als Mandeldrinks gesüßt und ungesüßt gekennzeichnet; 2 Produkte waren Eiweißpulvererzeugnisse. Zudem wurden 7 Käsealternativen und 6 fermentierte Produkte, meist Desserts, sensorisch geprüft (Tabelle 2). Diese veganen fermentierten Produkte mit oder ohne Frucht wiesen keinerlei Mängel auf und wurden alle mit dem goldenen Preis prämiert. Die häufigsten Mängel bei Käsealternativen ergaben sich im Geschmack der Erzeugnisse insbesondere wurden von den Prüfern die Mängel „sauer“ (3 x) und „bitter“(2 x) genannt. Gerade der bittere Geschmack tritt sehr häufig bei Pflanzenproteinen auf; das können bittere Peptide sein, die bei der Herstellung der Proteinisolate oder -konzentrate bzw. bei der Herstellung der Käsealternativen durch Proteinhydrolyse oder Fettoxidationsprodukte, z.B. Abbauprodukte der Linolsäure, gebildet werden 13.
 

Tabelle 2: DLG-Testergebnisse vegane und vegetarische Erzeugnisse als Alternativprodukte für Milch und Milcherzeugnissen

ERZEUGNISAnzahlDLG-PreisMängel
  GoldenerSilbernerBronzenerKeine 
Vegane Getränke (Mandel, Kokos, Reis, Hafer)16
plus 5 Testproben
13111

ausgeölt 2x, Geschmack: alt, fehlendes charakteristisches Aroma
Testproben: leer, säuerlich, flockig

Veganer Käsealternative724 1Geschmack: bitter 2x, sauer 3x, Fremdschimmel 1x
Veganes fermentiertes Produkt mit/ohne Frucht66    
Veganes Eiweißpulvererzeugnis21  1Bacillus cereus/g: 330
Vegane Kochcreme11    
Summe3723513 


Vegane Getränke

Die veganen Getränke zeigten fast alle eine hervorragende Qualität, nur selten wurden Öltröpfchen auf der Produktoberfläche als Fehler im Aussehen („ausgeölt“) moniert. Sonstige Mängel bezogen sich auf den Geschmack der zusätzlich angebotenen Testproben mit „säuerlich“ und „leer“, die zur Einstellung der Prüfer auf die untersuchte Produktgruppe dienten. In Tabelle 1 und 2 sind neben den häufigsten Fehler auch die Prämierungen aufgeführt.

Literatur:

1.         V. Bouvard, D. Loomis, K. Z. Guyton, Y. Grosse, F. E. Ghissassi, L. Benbrahim-Tallaa, N. Guha, H. Mattock and K. Straif, Carcinogenicity of consumption of red and processed meat, The Lancet Oncology, 2015, 16, P1599-1600.

2.         WHO - International Agency for Research on Cancer, IARC Monographs evaluate consumption of red meat and processed meat, http://www.iarc.fr/en/media-centre/pr/2015/pdfs/pr240_E.pdf, (accessed November 9th, 2015).

3.         F. Allievi, M. Vinnari and J. Luukkanen, Meat consumption and production – analysis of efficiency, sufficiency and consistency of global trends, Journal of Cleaner Production, 2015, 92, 142-151.

4.         Z. Petrovic, V. Djordjevic, D. Milicevic, I. Nastasijevic and N. Parunovic, Meat Production and Consumption: Environmental Consequences, Procedia Food Science, 2015, 5, 235-238.

5.         F. Recanati, F. Allievi, G. Scaccabarozzi, T. Espinosa, G. Dotelli and M. Saini, Global Meat Consumption Trends and Local Deforestation in Madre de Dios: Assessing Land Use Changes and other Environmental Impacts, Procedia Engineering, 2015, 118, 630-638.

6.         Nielsen, Smart Protein project.  In Statista, Verkaufsvolumen pflanzlicher Ersatzprodukte in Deutschland nach Kategorien 2020 (in Millionen Kilogramm bzw. Liter) [Graph], https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1266826/umfrage/verkaufsvolumen-pflanzlicher-ersatzprodukte-in-deutschland-nach-kategorien/, (accessed 17. Mai 2022, 2021).

7.         Nielsen, Smart Protein project.  In Statista, Verkaufsvolumen pflanzlicher Ersatzprodukte in Deutschland von 2018 bis 2020 (in Millionen Kilogramm bzw. Liter). https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1266826/umfrage/verkaufsvolumen-pflanzlicher-ersatzprodukte-in-deutschland-nach-kategorien/, (accessed 17. Mai 2022, 2021).

8.         IfD Allensbach, Personen in Deutschland, die sich selbst als Veganer einordnen oder als Leute, die weitgehend auf tierische Produkte verzichten, in den Jahren 2015 bis 2022., Statista. Statista GmbH. Zugriff: 11. Januar 2023. , 2022.

9.         IfD Allensbach, Anzahl der Personen in Deutschland, die sich selbst als Vegetarier einordnen oder als Leute, die weitgehend auf Fleisch verzichten, von 2007 bis 2022 (in Millionen). , In Statista. Zugriff am 11. Januar 2023,, 2022.

10.       J. Dreher, C. Blach, N. Terjung, M. Gibis and J. Weiss, Formation and characterization of plant-based emulsified and crosslinked fat crystal networks to mimic animal fat tissue, Journal of Food Science, 2020, 85, 421-431.

11.       E. Herz, L. Herz, J. Dreher, M. Gibis, J. Ray, P. Pibarot, C. Schmitt and J. Weiss, Influencing factors on the ability to assemble a complex meat analogue using a soy-protein-binder, Innovative Food Science & Emerging Technologies, 2021, 73, 102806.

12.       D. De Angelis, A. Kaleda, A. Pasqualone, H. Vaikma, M. Tamm, M.-L. Tammik, G. Squeo and C. Summo, Physicochemical and Sensorial Evaluation of Meat Analogues Produced from Dry-Fractionated Pea and Oat Proteins, Foods, 2020, 9, 1754.

13.       V. K. Mittermeier-Kleßinger, T. Hofmann and C. Dawid, Mitigating Off-Flavors of Plant-Based Proteins, Journal of Agricultural and Food Chemistry, 2021, 69, 9202-9207.


Autorin:
DLG-Expertin
Prof. Dr. Monika Gibis
Dept. of Food Material Science
Institute of Food Science and Biotechnology University of Hohenheim, Stuttgart
monika.gibis@uni-hohenheim.de