Zum Hauptinhalt springen

„Jetzt ist die Zeit, um Neues auszuprobieren“

Anuga FoodTec2022

aus: DLG-Lebensmittel 2/2022

Die Anuga FoodTec, Internationale Zuliefermesse für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, naht mit Riesenschritten. Als wichtigster internationaler Branchentermin nach der Coronapandemie bietet die Leitmesse der Lebensmittel- und Getränkeindustrie vom 26. bis 29. April 2022 in Köln eine ideale Informations- und Orderplattform für alle Bereiche der Herstellung, Verarbeitung und Verpackung. Bundesernährungsminister Cem Özdemir wird die Anuga FoodTec eröffnen und sich über Innovationen und technologische Visionen informieren. Mit uns hat er über seine Erwartungen und Wünsche gesprochen.

 

Herr Özdemir, als Bundesernährungsminister eröffnen Sie dieses Jahr zum ersten Mal die globale Leitmesse Anuga FoodTec, die der wichtigste Impulsgeber für die internationale Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist. Welche Erwartungen bzw. Wünsche bringen Sie mit nach Köln?

Cem Özdemir: Es ist extrem spannend, was sich da gerade gesellschaftlich tut. Immer mehr Menschen achten darauf, wo ihr Essen herkommt, denken Klima- und Ressourcenschutz mit und achten auf mehr Tierwohl. Auch die Wertschätzung für Lebensmittel spielt für viele Verbraucherinnen und Verbraucher eine zentrale Rolle. Die vielen kreativen Ideen, die auf der Messe zu sehen sind, setzen an diesen gesellschaftlichen Debatten an und liefern spannende Lösungsansätze, etwa für höhere Energieeffizienz oder eine nachhaltigere Lebensmittelkette. Ich freue mich auf den Innovationsgeist der Ausstellerinnen und Aussteller.

Ein erklärtes Ziel der neuen Bundesregierung ist es, dass sich alle Menschen gesund, ökologisch und nachhaltig ernähren können. Auf der Anuga FoodTec präsentiert die Branche ihre neuesten Innovationen und technologischen Visionen. Sind sie ein Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit?

Özdemir: Es gibt sicher nicht nur den einen Schlüssel, es braucht einen ganzen Schlüsselbund optimal aufeinander abgestimmter Maßnahmen. Wichtig ist, dass es Verbraucherinnen und Verbrauchern im Alltag einfach gemacht wird, sich nachhaltig und gesund zu ernähren, die Nachfrage dafür ist da. Wir werden dazu übrigens eine Ernährungsstrategie erarbeiten, um eine gesunde Umgebung für Ernährung und Bewegung zu schaffen. Ein wichtiger Schritt dabei sind verbindliche Reduktionsziele für Zucker, Fette und Salz in Fertiglebensmitteln und zwar auf wissenschaftlicher Basis. Die Strategie soll aber auch die Umwelt- und Klimawirkungen in der Lebensmittelerzeugung abdecken. Ein Baustein wird sein, den Anteil an saisonalen wie regionalen und Bio-Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung zu erhöhen. Und wir setzen auf eine stärker pflanzenbasierte Ernährung, Stichwort: alternative Proteinquellen. Bei alledem spielen Innovationen und neue Technologien eine große Rolle. Ich beobachte dabei, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher aber nicht nur die Adressaten, sondern auch die treibende Kraft für Veränderungen sind. Die Branche tut gut daran, da anzuknüpfen.

Welche Innovationen möchten Sie sich auf der Anuga FoodTec vor allem anschauen?

Özdemir: Ich bin sicher, es gibt jede Menge zu entdecken. Gespannt bin ich vor allem auf Technologien, die helfen, die nach wie vor viel zu hohen Lebensmittelabfälle zu vermeiden. Wenn es um Klima- und Ressourcenschutz geht, ist der Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung ein wichtiger Hebel. Was die Lebensmittelversorgungskette angeht, da arbeiten wir an verpflichtenden Zielvorgaben – vom Feld bis zum Handel. Aber mehr als die Hälfte der Lebensmittelabfälle entsteht bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu Hause. Hier können Innovationen helfen, zum Beispiel mit intelligenten Verpackungen, die Auskunft geben, ob Lebensmittel wirklich verdorben oder noch genießbar sind. Und für mich als Vegetarier natürlich sehr spannend: neue Trends und Alternativen zu tierischen Produkten. Das spielt auch in der breiten Bevölkerung zunehmend eine Rolle.

„Smart Solutions – Higher Flexibility“, so lautet das Leitthema der Anuga FoodTec 2022. Smarte Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen der Branche werden Ihnen überall begegnen. Auch das Fachprogramm der Anuga FoodTec widmet sich intensiv diesem Themenkomplex. Welchen Stellenwert messen Sie mit Blick auf die Zukunft der digitalen Transformation der Lebensmittelwirtschaft bzw. Wertschöpfungskette bei?

Özdemir: Die Digitalisierung bringt schier endlose Möglichkeiten, die Landwirtschaft und die Lebensmittelherstellung umwelt- und ressourcenschonender zu machen. Deutschland ist ja nicht nur das Land der Dichter und Denker, sondern auch des Erfindergeistes. Wir investieren daher auch mit gezielter Förderung von Künstlicher Intelligenz in die Zukunft der Land- und Ernährungswirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Wir fördern zum Beispiel ein Unternehmen, das mithilfe von Scannern die Qualität von Obst und Gemüse bestimmt. Das soll für gerechtere Preise und weniger Lebensmittelabfälle sorgen. In einem anderen Projekt soll mit unserer Unterstützung eine webbasierte Smartphone-App entstehen, die bei Entscheidungen zum Lebensmitteleinkauf unkompliziert hilft und schnell Klarheit darüber schafft, wie nachhaltig angebotene Produkte sind. Vermutlich wird sich nicht jede Idee in der Praxis dauerhaft bewähren, aber das Potenzial ist riesig. Jetzt ist die Zeit, um Neues auszuprobieren.