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Bio-Trends 2021

Gesundheit, Abwechslung und Nachhaltigkeit im Fokus

aus: DLG-Lebensmittel 3/2021

Das vergangene Jahr hat dem Wunsch nach einer gesunden Ernährung und nachhaltigen, sozial­verantwortlichen Produkten noch einmal einen enormen positiven Schub gegeben. Besonders deutlich zeigt sich das an der weltweit gestiegenen Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln. Dies verdeutlichte die Biofach-Messe, die dieses Jahr als digitaler Branchentreff von sich Reden machte.

Die Öko-Landbaufläche in Europa ist von 2018 auf 2019 auf 16,5 Mio. Hektar gewachsen*. Spanien hat dabei mit 2,35 Mio. ha inzwischen mehr Bio-Fläche als die Vereinigten Staaten, in Frankreich sind es nicht viel weniger und mit steigender Tendenz. Die für Deutschland verzeichneten 1,61 Mio. ha entsprechen einem Bio-Landwirtschaftsflächenanteil von 9,7 bzw. 10,2 % in 2020. Auf Absatzseite beeindruckt das Wachstum noch mehr: 11,9 Mio. Euro wurden allein in Deutschland im letzten Jahr mit Bio-Lebensmitteln umgesetzt, meldete die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft.  Mit einem Plus von 22 % ist der Umsatz bei Bio-Lebensmitteln doppelt so schnell gewachsen wie der Lebensmittelumsatz insgesamt. Besonders gefragt: Eier, Konsummilch und Mehl,  gefolgt von Speiseöl sowie Gemüse und Obst. Große Zuwächse verbuchten auch pflanzliche Milchalternativen, Geflügel und Fleisch.

„Den“ Verbraucher im Blick

Trotz der vielen unterschiedlichen Verbraucherbedürfnisse lassen sich bestimmte Trends erkennen, die außerdem nicht nur Bio-Stammkäufer anziehen. Dazu zählen auf jeden Fall die pflanzenbasierten Alternativen. Berief Food führt zum Beispiel neben Tofuprodukten vegane Drinks, Ghurts und Kochcremes in Bio-Qualität - und konnte 2020 den Umsatz gegenüber dem Vorjahr verdoppeln. Mit neuen Sojaghurts in demeter-Qualität greift Berief dabei das große Ansehen des Bio-Verbandes mit seinen besonders strengen Richtlinien auf. Zum anderen reagieren sie auf den seit ein, zwei Jahren bestehenden Boom für Hanfprodukte und bieten neuerdings einen Drink auf Basis von Hanfsamen an. Letzterem ist kein Zucker zugesetzt, was ebenfalls stark angesagt ist.

Dass die Bio-Hersteller mit zuckerreduzierten Produkten beziehungsweise Low Carb-Ideen verstärkt den wissenschaftlichen Empfehlungen entgegenkommen wollen und es trotz des Verzichts auf Süßstoffe auch können, zeigen weitere Neuheiten. Beispielsweise bei Müslis. Waren etwa bei Allos bisher Bio-Müslis mit Amaranth besonders gefragt, laufen die neuen ungesüßten Müslis und Getreidebreie inzwischen schon besser. Das Schokomüsli bleibt zum Beispiel unter zwei Gramm Zucker pro 100 g, ähnlich der Ayurveda-Brei. Der Ansatz: Hochwertige, geschmacksintensivierte Zutaten wie geröstete Getreideflocken oder Gewürze können ein Weniger an Zucker wett machen.

We Care überholt Lieferkettengesetz

Mit „We Care“ hat das Forschungsinstitut für biologischen Landbau Deutschland FiBL einen neuen, unabhängigen Nachhaltigkeitsstandard für Lebensmittelunternehmen vorgestellt. Anders als das geplante Lieferkettengesetz bewertet der Standard das gesamte Lieferkettenmanagement eines Unternehmens – also die soziale und ökologische Verantwortung entlang aller Lieferstufen, beim ganzen Sortiment und an allen Standorten. Zudem steht er auch kleineren Unternehmen offen. Als erste Unternehmen haben sich der Hersteller Lebensbaum und das Handelsunternehmen Alnatura der Zertifizierung unterzogen. www.we-care-siegel.org

Bio mit weiteren Pluspunkten

Generell ist im Zuge der immer größer werden Auswahl die Kombination mit weiteren Zusatznutzen angesagt. Nennen lassen sich vor allem bio & nachhaltig , bio & innovativ, bio & convenient.

Die erste Thematik betrifft unter anderem die Verpackung, bei der viele Verbraucher nachhaltige Alternativen wünschen. Eine Reaktion darauf stellen bei Nudeln und ähnlichen Trockenwaren hygienisch sichere Papiertüten dar, bei Getränken Glas-Mehrwegflaschen. So hat die Bio-Kelterei Voelkel das umfassende Saftsortiment um Haferdrinks in Glasflaschen ergänzt und die Reihe an Ingwer-Shots um eine, im Verhältnis deutlich preiswertere, 0,75 l-Mehrwegflasche.

Gesund genießen mit Convenience-Plus – dazu passen die pfiffigen Hülsenfruchtkreationen der Firma Davert. Die ballaststoff- und eiweißreichen Kerne sind in der Bio-Branche seit jeher ein starker Bereich; heute stammt ein Viertel aller in Deutschland angebauten Hülsenfrüchte aus ökologischer Landwirtschaft! Küchentechnisch haben sie allerdings den Nachteil einer langen Garzeit. Nachdem Bio-Hersteller schon vor einigen Jahren mit Hülsenfruchtnudeln einer schnellen Alternative den Markt bereitet haben, stellte Davert weitere Innovationen vor. Zum einen schnellkochende, vielseitige Flocken aus Bohnen, Erbsen und Linsen – genauer gesagt aus den entsprechenden Mehlen. Noch einen Schritt weiter gehen daraus hergestellte Fertigprodukte wie Kichererbsen-Reis oder Erbsen-Kartoffelpüree.

Low Carb und Nachhaltigkeit stellt eine weitere Kombination dar, die sich in Produktentwicklungen niederschlägt. Das Start-up Beetgold hat zum Beispiel frische, glutenfreie Bio-Tortillafladen aus 80 % Gemüse entwickelt. Rote Bete- beziehungsweise Möhrentrester aus der Saftproduktion, die bisher ungenutzt blieben, bilden die Basis. Ergänzt durch Haferfaser, Olivenöl und Flohsamenschalen, weisen die Tortillas nur fünf Gramm Kohlenhydrate, davon drei Gramm Zucker pro 100 Gramm auf.
 

Bewährtes neu entdeckt

Es kommt der Entwicklung neuer Bio-Produkte entgegen, dass die wenigen Lücken bei der Bio-Verfügbarkeit von funktionalen Zutaten inzwischen mehr oder weniger geschlossen sind – wenn auch teils  in begrenzten Mengen. Die erwähnten Flohsamen etwa, hat das Importunternehmen Naturkost Übelhör jetzt ins Programm aufgenommen. Vermahlen zu einem hellen Pulver eignen sie sich gut als Verdickungs- und Geliermittel für Suppen oder Saucen. Ebenso als sättigende Zutat in Low Carb-Produkten, wobei die indischen Qualitäten zugleich als Lieferant von magenschützenden Schleimstoffen gelten. Neuland betritt Übelhör dagegen mit  Bio-Bucheckern aus Deutschland, obwohl es sich eigentlich um eine Wiederentdeckung eines lange vergessenen Lebensmittels handelt. Die eckigen Kerne liefern viele Nährstoffe und schmecken wie eine Mischung aus Mandeln und Haselnüssen. Natürlich enthaltenes Ectonin kann durch Dämpfen minimiert werden, anschließend lassen sich die Bucheckern je nach Wunsch rösten, brechen, mahlen oder pressen. Das schafft eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, ob als glutenfreier Mehlzusatz, Kaffeeersatz, in Müslis, Riegeln, Schokolade und mehr.  

Das Thema Low Carb Kohlenhydrate auf und bietet Herstellern mit Bio-Glustar ein Weizeneiweiß mit einem hohen Proteingehalt an. Kröner zufolge zeigt es keine viskoelastischen Eigenschaften, lässt sich problemlos verarbeiten und sorgt für gute Strukturgebung. Ergänzt mit anderen Weizenproteinen seien Konsistenz, Bindung oder Proteingehalt individuell einstellbar. Als Anwendungsbeispiele nennt das Unternehmen unter anderem Backwaren, Burger, vegetarischer Fleischersatz, Fertiggerichte sowie Sportlernahrung.