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Erbsen und Jackfrucht statt Soja

Neue Wege des Fleischersatzes

aus: DLG-Lebensmittel 2/2020

Verbraucher lassen seit einiger Zeit so manchen Tofu-Burger liegen. Stattdessen rücken Alter­nativen aus Proteinquellen wie Erbsen, Kartoffeln oder Ackerbohnen immer mehr in den Vordergrund. Hersteller bedienen diesen Trend mit neuen Produkten. Und Rohstoffspezialisten finden Unterstützung beim Anlagenbau – etwa bei Verfahren zur Proteinanreicherung pflanzlicher Mehle.

Eine „fleischige“ Struktur mit angenehmem Biss ist für Verbraucher nach wie vor einer der wichtigsten Kaufargumente bei pflanzlichen Ersatzprodukten. Das weiß auch Stefan Fak, Geschäftsführer bei Lotao. Der Berliner Hersteller asiatischer Feinkostspezialitäten hat verschiedene Convenience-Gerichte im Portfolio, die auf Basis der Jackfrucht entstanden sind. Bis zu 35 Kilogramm schwer können die grün-gelben Baumfrüchte werden. Zwar ist der Proteingehalt vom Fruchtfleisch eher gering. „Wird sie jedoch vorzeitig geerntet, erinnert die faserige weiße Frucht an Hühnerfleisch“, erklärt Fak. „Zudem ist es geschmacksneutral und damit einfach zu marinieren.“ Genau diese Eigenschaft hat sich der Unternehmer in Zusammenarbeit mit einer Forschungsgruppe der Hochschule Neubrandenburg und dem Institut für Getreideforschung zunutze gemacht, um den Deutschen die Jackfrucht als Fleischersatz schmackhaft zu machen. Neben Burger-Bratlingen und veganem Gulasch findet sich im Sortiment von Lotao eine vegane Fünf-Minuten-Tasse, die in der Geschmacksrichtung Bolognese erhältlich ist. Das dafür aus Jackfrucht und Erbsenprotein hergestellte „Hackfleisch“ „ist von der Konsistenz her kaum von herkömmlichem zu unterscheiden und innerhalb weniger Minuten verzehrfertig“, so Fak. Zudem ist die Jackfrucht allergenfrei, durch sie sich von Soja abgrenzt, was für viele Verbraucher ein Vorzug sein dürfte. Laut Marktforschern suchen gerade diese verstärkt nach alternativen Proteinquellen. Und nicht nur sie: Bis zum Jahr 2024 soll der europäische Markt für Pflanzenproteine bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 7,4 Prozent ein Gesamtvolumen von 2,6 Milliarden Euro erreichen.

Neue Proteinquellen im Visier

Zu den Haupttreibern hinter diesem Wachstum zählen laut den Analysten von Industry Research die steigende Popularität einer veganen Ernährung, die zunehmende Verwendung von Pflanzenproteinen in der Lebensmittelindustrie und der Kostenvorteil gegenüber tierischen Proteinen. Noch ist Soja zwar für Hersteller im europäischen Raum die gängigste Quelle für pflanzliche Proteine, doch „wegen der Gen-Thematik und des allergenen Potenzials lässt die Nachfrage deutlich nach“, erklärt Florian Bark. „Stattdessen rücken Proteinquellen wie Erbsen, Kartoffeln und Ackerbohnen immer mehr in den Vordergrund. Dazu kommen neue Varianten wie Kichererbsen, Sonnenblumen oder Algen.“ Auch Bark, Produktmanager bei Hydrosol, setzt diese Proteine bereits bei pflanzlichen Alternativen zu Fleisch und Wurst ein. Die allergen- und sojafreien Stabilisierungs- und Texturierungssysteme ermöglichen eine Vielzahl von unterschiedlichen Endprodukten – von Aufschnitt über Salami bis hin zu Bacon. Ebenso eine Vielzahl von pflanzenbasierten Convenience-Produkten mit nur einer E-Nummer, „die dem tierischen Produkt hinsichtlich Geschmack, Textur und Mundgefühl sehr ähnlich sind, lassen sich damit herstellen“, so Bark.

Schälen, mahlen, sichten

Das Interesse an Hülsenfruchtmehlen in Europa ist einerseits darin begründet, einen heimischen Ersatz für (Import-)Soja zu finden, andererseits haben diese vielversprechende Verarbeitungseigenschaften. Um sie zu gewinnen, optimieren Rohstoffspezialisten kontinuierlich die Verfahren. Eine Möglichkeit ist eine Trockenfraktionierung durch Vermahlung und Windsichtung. Nördlich von Paris, in Amiens, im Forschungszentrum der Firma Improve Innov, kommt dafür eine Multiprozessanlage des im bayrischen Augsburg ansässigen Maschinenbauer Hosokawa Alpine zum Einsatz. „Unsere Anforderung war ein Verfahren, welches mit herkömmlichen Lebensmittelpraktiken kompatibel ist”, erklärt Denis Chereau, CEO von Improve. Das Unternehmen unterstützt über 300 Lebensmittelproduzenten weltweit bei der Entwicklung neuer Lebensmittel, um wechselnden Kundenanforderungen gerecht zu werden. Die Kernkompetenzen im Bereich veganer Proteine reichen von deren Verarbeitung im Trocken-, über den Nassprozess bis hin zur Analyse der Produkteigenschaften und Funktionalität. Das Rohstoffportfolio ist dabei groß: Getreide, Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Algen und Mikroorganismen.

Multiprozessanlage für Versuche

Das installierte System von Hosokawa ist eine Produktionsanlage im Labormaßstab. Es handelt sich um eine Kombination aus Feinstvermahlung und high-end Windsichtung zur Anreicherung von diversen Hülsenfruchtmehlen, unter anderem aus Ackerbohnen, Erbsen oder Linsen. Sie stellt die Möglichkeiten der Verarbeitung im gesamten trockenen Prozess dar: Entschälung der Rohstoffe, Grob- bis Feinstvermahlung bis in den Mikrometer-Bereich sowie präzise Windsichtung des vermahlenen Mehls.

„Für uns ist die Anlage das passende Instrument, um die bestmögliche Lösung für nachhaltige, pflanzenbasierte und proteinreiche Lebensmittelinhaltsstoffe zu entwickeln“, ist Chereau überzeugt. Dabei geht der Rohstoffspezialist wie folgt vor: Im ersten Schritt der Proteinverschiebung erfolgt eine Schälung der angebrochenen Hülsenfrüchte mit Hilfe des Zick-Zack-Sichters mittels einfacher Windsichtung. Danach werden die geschälten Hülsenfrüchte mit der Feinprallmühle UPZ zu einem feinen Mehl vermahlen.