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Der Zutatenmarkt bleibt in Bewegung

aus: DLG-Lebensmittel 6/2022

Bei der Konzeption von Rezepturen können Lebensmittelhersteller entweder durch vertraute, traditionelle Zutaten bei Verbrauchern ankommen oder aber mit aktuell angesagten, innovativen Ingredienzen Interesse wecken. Beides macht Sinn.

In sattem Rot krönt die Bolognese den Teller Nudeln und die ganze Familie langt zu. Dass statt Rinder- hier Sonnenblumenhack enthalten ist, fällt keinem auf. Sonnenblumeneiweiß, darum handelt es sich genau, ist nur eines von vielen Beispielen für neue Ingredienzen. Internationale Messen wie die Food und die Health Ingredients sprechen ihrerseits für großes Engagement der Lebensmittelbranche und dafür, dass den Anbietern die Ideen nicht ausgehen. Dabei gilt es, sich auf die derzeitigen generellen Ernährungstrends einzustellen. Nach wie vor stehen Gesundheit sowie pflanzlich, Bio, regional und gentechnikfrei im Fokus. Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit kommen als wichtige Kriterien für Hersteller hinzu. Bei neuen Zutaten stehen sie vor der Herausforderung, dass sich diese für die jeweiligen Prozessbedingungen eignen müssen. Es sei denn, sie bieten gerade die Chance auf neue und vielleicht praktischere oder schonendere Herstellungsmethoden.

Starke Leistung

Ebenso arbeiten Hersteller klassischer Zutaten oder -gruppen kontinuierlich daran, ihre Produkte zu optimieren. Zu solchen Klassikern zählen Stärken, die es in großer Vielfalt für vielgestaltige Anwendungen gibt. Angesagt sind Clean-Label- anstelle von chemisch modifizierten Produkten.

Das bestätigt auch Beneo, die sich in dieser Kategorie vorrangig auf Reisstärken und -mehle konzentrieren. In ihrer geringen Korngröße von 2 bis 8 µm ähnelten sie Fettmolekülen und könnten daher sehr gut alternativ in fettreduzierten Molkereiprodukten oder in pflanzlichen Alternativen für Cremigkeit und ein volles Mundgefühl sorgen – selbst in Schokoladenmousse und ähnlichen komplexen Texturen. Nicht zuletzt aus diesem Grund gelängen damit auch glatte Coatings von Süßwaren. Als weitere generelle Vorteile verweist Beneo darauf, dass Reisstärken frei von Lactose und Gluten, hypoallergen und leicht verdaulich sind. Zur Auswahl stehen Stärken aus Wachs-, Standard- oder Bio-Reis, die in Koch- oder Instant-Form erhältlich sind. Native Instant-Reisstärke ergänzt die möglichen Anwendungen um Applikationen, die unter erschwerten Prozessbedingungen kalt verarbeitet werden.

Gern mit Gesundheitsplus

Crespel & Deiters beziehungsweise deren Tochterunternehmen Loryma sind ihrerseits Spezialisten für Weizen-Ingredients als nährstoffreiche Naturprodukte mit vielen Nutzungsmöglichkeiten. Mit den Produkten lassen sich zum Beispiel sowohl Backwaren als auch Fleischprodukte oder Süßwaren stabilisieren und optimieren. Verwendet wird ausschließlich gentechnikfreier Weizen, den Loryma zu mindestens 75 Prozent aus Deutschland bezieht, den Rest aus anderen europäischen Ländern.
Zu den nativen und modifizierten Stärken im Sortiment von Loryma gehören resistente Weizenstärken, denen eine klinische Studie kürzlich einen geringen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel bestätigt hat (Testung beim ZIEL Institute for Food & Health an der TU München, 2022). Wie übliche Ballaststoffe resorbiert der menschliche Dünndarm resistente Stärke nur teilweise oder gar nicht. Mithilfe dieser Lory Starch Elara könnten Loryma zufolge daher etwa Snacks und Backwaren kreiert werden, die mit einem attraktiven Ballaststoffgehalt punkten und einen nur geringfügigen Einfluss auf den Glukosespiegel haben. Ab einem Anteil von mindestens 14 Prozent am Gesamtstärkegehalt erlaubt die Health-Claims-Verordnung einen entsprechenden Health Claim (Link: bit.ly/3DT6IAP).

In der Regel müssen bei einem anteiligen Ersatz des Mehls oder von herkömmlicher Stärke weder die übrige Rezeptur noch die Prozessbedingungen verändert werden. Ergänzend nennt Loryma gleich ein paar Anwendungsbeispiele: Lower Carb/high Protein Hefezopf, Muffins, Toastbrot, Pizzateig oder Pasta. Um den Proteingehalt in den Backwaren entsprechend zu erhöhen, könne man zum Beispiel hydro­lysiertes Weizenprotein verwenden. Wie Versuche im eigenen Technikum gezeigt hätten, trägt der Zusatz in Mürbe- und Keksteigen zusätzlich zu einer zart-sandigen Textur bei. Ein Knuspereffekt und erhöhter Ballaststoffgehalt in Snacks sind ebenfalls möglich und zwar, indem resistente Weizenstärke als Teil der Rohstoff­mischung extrudiert wird.

Unterschätzte Kartoffel

Nicht zu vergessen ist als drittes Beispiel die bewährte Kartoffelstärke. Charakteristisch sind ein neutraler Geschmack, hohe Viskosität, langer Texturerhalt und eine minimale Tendenz zum Schäumen oder einer Gelbfärbung der Lösung. Der flexibel anzuwendende Klassiker gehört zum Angebot von Agrana aus Österreich, bekannt sowohl für hochwertige Fruchtzubereitungen in großer Auswahl als auch für Pflanzenstärken in Bio- und konventioneller Qualität aus Kartoffeln, Mais (GMO-frei) und Weizen. Darunter beispielsweise glutenfreie Clean-Label-Stärke aus Reis oder Mais, die sich als Maltodextrin geringer Süße und hoher Wasserlöslichkeit optimal für Sportler- und Kindernahrung anbietet.

Zur Beschaffung steht Agrana mit einem Netz an Landwirten in einem kontraktpartnerschaftlichen Verhältnis. So befindet sich in Gmünd die einzige Kartoffelstärkefabrik Österreichs, die von rund 1.300 landwirtschaftlichen Betrieben mit Stärke- und Speiseindus­triekartoffeln beliefert wird. Auch diese zählen zu den Partnern.

Weitere Kartoffelprodukte erweitern die Agrana-Auswahl, unter anderem Kartoffelfasern. Das Unternehmen vertreibt dazu zusätzlich die weltweit nur dort erhältliche glutenfreie Bio-Kartoffelfaser von Marroquin Organic International. Die unlöslichen Ballaststoffe sollen das Wasserbindungsvermögen, die Haltbarkeit, die Textur und das Mundgefühl von Backwaren beziehungsweise Teigen, Snacks und anderen Produktkategorien verbessern. Indirekt wird zugleich der Ernährungstrend „keto-friendly“ aufgegriffen: Damit der Organismus anstelle von Glucose und anderen Zuckern Körperfett zur Energiegewinnung nutzt, enthalten Rezepturen für eine ketogene Diät wenig bis sehr wenig Kohlenhy­drate. Teilweise fehlt es den Produkten zugleich an anderen Nährstoffen. Die „AGENAFIBER“ soll solche Rezepturen um Ballaststoffe bereichern.

Proteinpower ohne Tier

Der Trend zu einer proteinreichen Ernährung hält an, wobei die Eiweiße möglichst pflanzlich sein sollen. Sojabohnen und Weizen sowie zunehmend Hülsenfrüchte liefern das Gros der Ingredienzen für entsprechende Lebensmittel. Dazu, dass Fleisch- und Milchersatzprodukte immer besser dem tierischen Original gleichen, tragen nicht nur optimierte Prozesse bei. Vielmehr findet man häufiger auch Kombinationen, was zugleich das Nährwertprofil verbessert. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Georg Breuer führt hier unter anderem ein Texturat für die Industrie aus Weizengluten und Erbsenprotein mit einem Proteinanteil von 65 Prozent, das nach dem Quellen eine fleischähnliche Textur ausbildet. Und Endverbraucher finden bei dm vegane Bio-Würstchen aus Tofu und Weizeneiweiß.

Die Textur muss passen

Was die Eiweißqualität betrifft, weisen unter den pflanzlichen Proteinquellen Soja (91), Erbsen (76) und Reis (74) vergleichsweise hohe PDCAAS-Werte auf. Sonnenblumenkerne liegen mit 43 im mittleren Bereich, Bohnen wiede­rum eher im höheren. Werden verschiedene pflanzliche Proteinquellen kombiniert, erfährt das Aminosäureprofil insgesamt eine Aufwertung. Weizenprotein – ebenfalls mit einem PDCAAS im mittleren Bereich – als Basis herzhafter Produkte kennt man eigentlich schon seit langer Zeit, und zwar in Form von Seitan (Gluten), der seinen Ursprung in der japanischen Küche hat. Für eine fleischartige Konsistenz und Geschmack wird das Rohprodukt in einer Marinade erhitzt und je nach gewünschtem Produkt zubereitet. Heutzutage überwiegt als Bezeichnung in Fleisch- und Fischersatz texturiertes Weizeneiweiß. Herstellungsbedingt weist dieses zum einen noch einen gewissen Restanteil an Fett, Kohlenhydraten u. a. auf, zum anderen hat es meist einen stärker faserartigen Biss. Kleine Partikel wandern meist in Fertiggerichte oder werden zu Hackalternativen, große zu Burgerpattys, Nuggets und Co. verarbeitet.

Beneo hebt bei ihrem texturierten Weizenprotein (TWP) zusätzlich hervor, dass es leicht zu verarbeiten ist, einen neutralen Geschmack aufweist und die hohe Wasseraufnahmekapazität der Granulate die Saftigkeit, Gefrier- und Taustabilität unterstützt.

Loryma stellt fest, ihre Extrudate seien besonders als strukturgebende Basis für Fleischalternativen oder als Crispies für Knusper-Effekte in Frühstückscerealien oder Riegeln gefragt.

Dabei handelt es sich um die dem Stärkekorn anhaftenden Proteine, primär Prolamine oder Gluteline. In den speziellen Produkten liegen diese Fraktionen in höherer Konzentration vor. Wie die meisten Ingredienzen-Hersteller legt Loryma Wert auf eine leichte Verarbeitbarkeit der Inhaltsstoffe und unterstützt Kunden bei der Produktentwicklung oder beim Scale-Up: Im Firmen-Technikum ließen sich Konzepte für unterschiedliche Anwendungen erstellen. Die Prototypen, zum Beispiel für eine hitzestabile vegane Salami, könnten Lebensmittelhersteller als Anregung nutzen. Das Unternehmen ist überzeugt, dass Inhaltsstoffe aus Weizen in Zukunft eine zentrale Rolle in einer nachhaltigen Lebensmittelwirtschaft spielen werden: „… Schon weil landwirtschaftliche Erzeugnisse effizienter zur Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung beitragen, wenn sie direkt verzehrt statt als Viehfutter verwendet werden.“

Wertvoller Inhalt aus der Hülse

Als Quelle für vielseitig einsetzbare Food Ingredients stark im Kommen sind Hülsenfrüchte, die in unseren Breiten traditionell bekannt sind – mit dem großen Plus, dass sie mithilfe von Bodenbakterien Stickstoff ausder Luft binden und daher keinen externen Dünger brauchen. Die Bedarfs- und Angebotsliste führen einmal mehr Proteine an, die in den „Bohnen“ in hochwertiger Zusammensetzung und reichlich vorkommen. Im Unterschied zu den ebenfalls gefragten Mehlen schmeckt das Isolat weitgehend neutral, löst sich gut oder fungiert als natürlicher Emulgator (Stichwort Ei-Ersatz). Proteine aus weißen (im Bio-Anbau bevorzugt) oder blauen Süßlupinen können beispielsweise in veganen Analoga zu Molkereiprodukten oder Salatsoßen à la Mayonnaise zum Einsatz kommen. Die Bohnen selber erweisen sich dagegen in gerösteter und gemahlener Form als bekömmlicher aromatischer Kaffeeersatz. Neben dem „Renner“ Erbsen finden auch Ackerbohnen (auch
dicke Bohnen, Fava- oder Saubohnen genannt) derzeit immer mehr Beachtung.

 

Bei Good Mills Innovation vervollständigt mittlerweile eine Reihe an Hülsenfruchtmehlen das Portfolio, das ansonsten überwiegend Getreide-Produkte umfasst. Ob aus gelben Erbsen, Favabohnen, roten Linsen oder Kichererbsen, besitzen sie in reiner Form mehrere Vorteile:

  • in Wasser und Wärme leicht und schnell quellend
  • gute Wasserbindeeigenschaften (je nach Sorte und bedingt durch unterschiedliche Zusammensetzung)
  • sterilisationsfähig
  • von Natur aus glutenfrei, Clean-Label- und deklarationsfreundlich
  • niedriger glykämischer Index
  • Flexibel zum Ziel

Die Auswahl aus den gereinigten und geschälten Samenkernen umfasst drei Gruppen. Zum einen gibt es geschmacksoptimierte Hülsenfruchtmehle mit einem ausgewogenen Protein-Stärke-Verhältnis und einem dezenten Hülsenfruchtgeschmack. Diese empfiehlt Good Mills etwa zur Texturverbesserung von glutenfreien Backwaren, Nudeln und Knuspersnacks. Mehle mit einem natürlich hohen Proteingehalt böten sich ebenfalls für zahlreiche glutenfreie Lebensmittel an,  erhöhten dort aber gleichzeitig etwas den Proteingehalt. Für die proteinkonzen­trierten Mehle schließlich schließt sich an die Herstellung noch eine Windsichtung an. Dabei steigen die Proteingehalte auf 40 bis zu 65 Prozent, womit sie prädestiniert für Anwendungen wie Fleischersatz sind.
Beneo hat den Trend ebenfalls aufgenommen und ergänzt die bisherige Auswahl hilfreicher Ingredienzen seit 2022 mit Proteinkonzentraten und stärkehaltigen Mehlen aus Ackerbohnen. Nicht ohne Grund. Immerhin verzeichneten den Marktforschungen von Mintel zufolge Ackerbohnen und Erbsen zusammen in den vergangenen fünf Jahren eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 20 Prozent. Die Bohnen-Zutaten weisen eine helle Farbe auf und haben ein ausgezeichnetes Aminosäurenprofil, hebt Beneo zusätzlich hervor. Insbesondere als Texturgeber bei Fleisch- und Milchersatzprodukten eigneten sie sich. Außerdem lasse sich das Proteinkonzentrat gut aufschäumen und sei damit ideal für veganen Cappuccino geeignet.

Upcycling in der Brauerei

Malztreber als Nebenprodukt im Brauprozess spielte schon häufiger eine Rolle bei der Entwicklung neuer Lebensmittelzutaten. Jetzt hat die Appenzeller Brauerei Locher daraus originelle Knabberprodukte vorgestellt – zusammen mit Linsen. Die dazu gegründete Food-Upcycling-Marke brewbee verwendet neben Malztreber auch Bierhefe, unter anderem schon für Veggie-Fleischalternativen, Cerealien-Flakes oder Backwaren. Derzeit wird eine der größten Treber-Upcycling-Anlagen Europas zur Proteingewinnung gebaut.

Innovation für Haferdrinks

DSM, Anbieter von Enzymen, hat im Herbst mit DelvoPlant Go eine Lösung für Milchalternativen auf Haferbasis gelauncht. Durch die Kombination von drei Enzymen können der Verflüssigungsprozess, bei dem die Haferstärke aufgespalten wird, und die Verzuckerung in einem Schritt durchgeführt werden. Die Hydrolysezeit verkürzt sich um fast ein Drittel und bei der Herstellung der Hafer-Milchpendants wird weniger Energie verbraucht (Trennung in Erhitzen und  Abkühlen entfällt, nur 60 °C erforderlich). Geeignet ist die Enzymlösung auch für Bio- und gentechnikfreie Produkte. Benötigte Stabilisierungssysteme, Hydro­kolloide wie Gellan, Omega-3-Fettsäuren aus Algen und mehr gehören ebenfalls zum Sortiment. Anwender bekommen so alles aus einer Hand.

Die Rohstoffe stammen in diesem Fall von Landwirten aus Hessen und werden regional beziehungsweise künftig im rheinland-pfälzischen Offstein weiterverarbeitet. Dort wird derzeit eine Anlage zur Verarbeitung von Hülsenfrüchten gebaut, die vollständig mit erneuerbarer Energie betrieben werden soll.

Mit der Übernahme des niederländischen B2B-Unternehmens Meatless B.V. im letzten Frühjahr kamen weitere pflanzliche Texturgeber für Fleisch- und Fischalternativen ins Portfolio, zum Beispiel auf Basis von Erbsen, Lupinen oder Quinoa, aber auch Reis. Zu den vielen Ingredienzen, die Meatless mit Blick auf gesuchte Anwendungen entwickelt hat, gehören Reisflakes: Reismehl, Wasser und Alginat werden gemischt, extrudiert und in Flakes geschnitten. Anschließend werden sie gekocht und gefroren. Zwei bis 20 mm lang und von reinweißer Farbe eignen sich die Flakes nach passender Aromatisierung besonders gut als Ersatz für Weißfisch-Produkte. Der Eiweißgehalt liegt allerdings nur bei zwei bis vier Prozent.

Upcycling

Der nachhaltige Ansatz, Reststoffe aus der Gewinnung von Lebensmitteln zu nutzen und daraus neue Zutaten zu gewinnen, wird zunehmend populärer. Das Start-up Kern Tec aus Österreich verarbeitet zum Beispiel die Steine von Aprikosen, Pfirsichen, Kirschen, Pflaumen und Zwetschgen, die mit ihrem  Gehalt an ungesättigten Fettsäuren und Proteinen überraschen.

Kern-Tec-Gründer Michael Beitl erläutert: „Zur Herstellung werden die harten Kerne maschinell aufgebrochen und über mehrere Sortierverfahren nach Größen, Gewicht und weiteren Eigenschaften in den inneren Samen und die Schale getrennt. Das natürlicherweise enthaltene cyanogene Glykosid wird mit einem speziell entwickelten Verfahren entfernt, ohne dass sich die Nährstoff-Eigenschaften ändern. Danach können die Samen in verschiedene Anwendungsfelder gehen.“ Dazu zählen vor allem die kalt gepressten und charakteristisch nach Mandeln oder Marzipan duftenden Öle. Kern Tec hat außerdem eine Alternative zu Milch, Joghurt sowie Schokoladen-Nussaufstriche auf Basis von Aprikosenkernen entwickelt. Für den Drink wird eine pastöse, stabilisierte Grundmasse produziert, die bei der Abfüllung vom Weiterverarbeiter nur noch mit Wasser verdünnt werden muss. Laut Beitl ist er vergleichbar mit Mandelmilch, jedoch weitaus nachhaltiger in Wasser- und CO2-Verbrauch.

Ein derzeit laufendes IGF-Projekt widmet sich dagegen der Bewertung des technofunktionellen Potenzials von Ölpresskuchen in texturierten Pflanzenproteinen (AiF 21340 N). Ein Forscherteam an der TU Berlin untersucht dazu Presskuchen aus Rapssamen, Kürbis- und Sonnenblumenkernen, Mandeln, Leinsamen, Weizenkeimen und Kokosnuss. Raps und Sonnenblume als zwei in großem Umfang auftretende Presskuchen in Deutschland, Weizenkeim und Leinsaat als häufig bei kleinen bis mittelständischen Mühlen. Die Auswahl sollte zugleich ein möglichst breites Spektrum bei der Zusammensetzung der Trockenmasse, dem Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren und Ballaststoffen umfassen, weshalb die anderen drei mit einbezogen wurden.

Das Projekt hat drei Teile:

  • Wissensbasis über die Rohstoffe hinsichtlich Zusammensetzung und physikochemischen Eigenschaften aufbauen
  • Optimale Prozess- und Rezepturparameter für TVP-Extrusion erarbeiten (Kochextrusion im Doppelschneckenextruder, mit Protein-Ballaststoff-Öl-Modell­system, Presskuchen-Erbsenprotein-Mischungen, Untersuchung der Textur)
  • Anwendung (u. a. in vegetarischen Burgerpattys)

Bisher konnten schon das zu erwartende breite Spektrum und relativ hohe Gehalte an Nährstoffen bestätigt werden: protein- und ballaststoffreich, hauptsächlich ungesättigte Fette, andere Aminosäureprofile als häufige Pflanzenproteinrohstoffe wie Soja und Weizen.

Während Fett in der Rezeptur bei der Extrusion schmiert und den Energieeintrag vermindert, erhöhen Fasern die Reibung, behindern aber die relevanten Proteinwechselwirkungen sterisch und stören die Expansion. Ein geringerer Fettanteil stabilisiert also den Extrusionsprozess, und Fasern tragen zu festeren, fleischähnlicheren Strukturen bei. Demzufolge wären manche Presskuchen mit über 70 Prozent der Trockensubstanz einsetzbar, andere nur zu 50 Prozent.