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Authentizitätskontrollen: Echt oder unecht?

aus DLG-Lebensmittel Ausgabe 4/2016

Im Zeitalter globaler Warenströme mit hohem Preisdruck und ausgeprägten Ansprüchen der Verbraucher spielt die Frage nach der Authentizität von Lebensmitteln eine wichtige Rolle. Als Analysenmethoden stehen Isotopenanalytik und PCR an erster Stelle. Gefragt sind dabei vermehrt kombinierte Methoden und Datenauswertungen.

Die Fälschung von Lebensmitteln zieht sich durch sämtliche Jahrhunderte – und ist nach wie vor an der Tagesordnung: So wurden gerade erst bei einer konzertierten Europol-Aktion in 56 Ländern 100.000 Tonnen Lebensmittel und 1 Mio. Liter Getränke sichergestellt, die gepanscht, gestreckt oder umetikettiert waren. Methoden und Strategien, die die Authentizität von Lebensmitteln sicherstellen, sind dringend gefragt. Um sich für die eine oder die andere Analysenmethode zu entscheiden, muss jedoch geklärt sein, worauf sich der Begriff bezieht. Vielfach geht es um:

  • die regionale Herkunft bzw. Deklaration (z. B. Spargel aus Griechenland oder Beelitz? Balsamico aus Modena?)
  • die Speziesbestimmung (z. B. Pferdefleisch in Fertiggerichten? Echte Jakobs- oder einfache Kamm­muscheln?)
  • die Haltungsform bzw. Anbauweise (z. B. Wildfang oder Aquakultur; konventionell oder ökologisch)
  • den Ursprung (z. B. natürliche, künstliche oder synthetisch hergestellte Aromen)
  • die Qualität (z. B. arttypisches Olivenöl extra virgin; Safran rein oder gestreckt)

Zu den hauptsächlich genutzten Methoden zählen die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und die Stabilisotopenanalytik. Beide haben ihre Vorteile und Grenzen, und beide ergänzen klassische Standardmethoden.

Dem Genom auf der Fährte

Bei der PCR werden bestimmte Ziel-Sequenzen der Produkt-DNA mit Hilfe des Enzyms Polymerase exponentiell vervielfältigt, so dass sie sich nachweisen und bestimmen lassen. Dabei gilt: Je größer das Messsignal nach einer definierten Amplifizierungsdauer, umso mehr der Zielsequenz enthielt die Probe. Insofern eignet sich die PCR sowohl als qualitative (Screening-)Methode als auch zur quantitativen Bestimmung. Unter der Voraussetzung, dass sich ausreichend intakte DNA isolieren lässt, ist sie inzwischen für zahlreiche Einsatzgebiete fest etabliert und funktioniert durchaus auch bei höher verarbeiteten Produkten. Das gilt für die immer wieder gefragte Tierartenbestimmung ebenso wie für den Sortennachweis bei Pflanzen. Unabhängig davon, arbeiten Gerätehersteller und Untersuchungslabore daran, die Methoden weiter zu optimieren und zu vereinfachen. So steht neben der Mikrosatelliten-Analyse mit DNA-Abschnitten aus sich wiederholenden Basenmotiven seit kürzerem eine weitere, kostengünstigere Alternative zur Verfügung, bei der ein künstlich verlängerter, fluoreszenzmarkierter Primer zum Einsatz kommt (Plexor®-Technologie). Zugleich geht der Trend zur Next-Generation-Sequenzierung, das heißt, eine Probe auf mehrere Spezies hin gleichzeitig zu untersuchen.

Den elementaren Fingerabdruck nutzen

Bei der Stabilisotopenanalyse werden dagegen die Isotopenverhältnisse ausgewählter Elemente bestimmt, primär die der Biomasse-Elemente Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und vereinzelt Schwefel. Auch bei chemisch identischen Strukturen unterscheiden sich die Anteile der schweren und leichten Isotope – und zwar in Abhängigkeit von geologischen, klimatischen und anthropogenen Gegebenheiten. Insofern erlaubt die Messung einen sicheren Rückschluss auf die Herkunft oder Erzeugung.

In der Praxis werden dazu die zuvor isolierten und durch Verbrennung entstandenen Elementgase in speziellen Massenspektrometern getrennt und vermessen. Angegeben werden die Ergebnisse stets als relativer Unterschied zu einem Standard. Daher müssen von Lebensmitteln aus unterschiedlichen Regionen und Zeiträumen beziehungsweise Rohstoffen zuverlässige Referenzdaten zur Verfügung stehen.

Wie bei der PCR sind die Einsatzgebiete breit gefächert und viele Einzelmethoden bereits normiert. Gut etabliert hat sich beispielsweise die Authentizitätsprüfung von Früherdbeeren und Spargel. Äußerst vielseitig nutzen lässt sich die Methode auch beim Wein. Hat der Winzer nachgezuckert? Stimmen die Angaben zu Herkunft, Jahrgang, Rebsorte oder Qualitätsstufe und Anbauart? Dazu kommt der Einsatz bei der Untersuchung von Aromastoffen bezüglich der Verwendung von ausschließlich natürlichen oder doch synthetischen Aromen. Das Augenmerk liegt dann je nach Fragestellung auf unterschiedlichen Elementen. Eine entscheidende Rolle spielen etwa Wasserstoff und Sauerstoff des enthaltenen Wassers, in dem sich die von Breitengrad und Luftströmung abhängigen Isotopenverhältnisse D/H und 18O/16O über den Niederschlag in den Pflanzen wiederfinden. Ähnlich bei den Kohlenhydraten, die letztendlich aus dem CO2 der Luft aufgebaut wurden. Ansonsten dient das Kohlenstoff-Isotopenmuster zur Unterscheidung von C3- und C4-Pflanzen. So kann man zum Beispiel herausfinden, ob eine Probe Rohrzucker (C4-Pflanze) oder Rübenzucker (C3-Pflanze) enthält. Selbst das instabile 14C findet Beachtung, bevorzugt bei nachwachsenden Rohstoffen zur Ethanolproduktion. Das Stickstoff-Isotopenverhältnis wiederum ermöglicht die Kontrolle hinsichtlich ökologischem Anbau. Einerseits führt die Kreislaufwirtschaft mit organischem Bio-Dünger zu einer deutlichen Erhöhung des Isotopenverhältnisses, andererseits spiegelt sich die Verwendung von Silage oder Kraftfutter im Tierprotein wider. Teilweise wird außerdem zur Ergänzung Strontium gemessen, dessen Isotopenverhältnis bodenabhängig ist. In die gleiche Richtung geht die vermehrt angewandte Multielementuntersuchung (kurz CNS-Methode) zur Gewinnung komplementärer Informationen.

Je nach Element sind allerdings unterschiedliche Trenn- und Detektionsverfahren angebracht. Dabei stehen die SNIF-NMR (site-specific natural isotope fractionation nuclear magnetic resonance), beispielsweise für Deuterium (2H), und die IRMS (Isotope Radio Mass Spectrometrie), vor allem für 13C- und 18O, im Vordergrund. Gegebenenfalls werden diese ergänzt durch die ICP-Multikollektor MS für schwere Isotope (Massenspektrometrie mit induktivgekoppeltem Plasma) und die Cavity Ring-Down-Spektroskopie. Letztere, eine spezielle Absorptionsspektroskopie, hat den Vorteil, dass sie sich mittels portabler Laserspektroskope sogar für „Feldeinsätze“ eignet.  

Die Kosten senken, die Methoden vereinfachen?

Der Wunsch nach einfachen und kostengünstigen Methoden wächst dabei sowohl für die Isotopenanalyse als auch für die PCR. Sei es etwa beim Zoll, bei Handelslaboren oder Importeuren und Einkäufern, könnten sie dann ohne großen Aufwand bei Zweifeln an der Richtigkeit von Begleitpapieren zum Einsatz kommen. Bei beiden Verfahren geht ein Trend zudem dahin, sie  zielgerichtet mit anderen Verfahren wie FT-IR-Profiling, hochauflösender GC- oder LC-MS/MS zu koppeln. Ein zweiter Ansatz ist, einzelne Ergebnisse mit denen der 1-H-NMR zu kombinieren. Schließlich wird die NMR-Spektrometrie schon länger erfolgreich zur Authentizitätsbestimmung von Wein, Olivenöl und anderen Lebensmitteln eingesetzt.

Dass noch Forschungsbedarf besteht, haben auch die Behörden erkannt. Im Rahmen des vom Bundesministeriums für Ernährung geförderten Projekts „FOODOMICS“ soll daher eine Non-Targeted Metabolom-Analyse etabliert werden. Die dazu vermehrt eingesetzten hochauflösenden Hy­brid-Quadrupole-Time-of-Flight Massenspektrometer (LC-QTOF-MS) ermöglichen die Aufnahme kompletter Spektren und besitzen eine besonders hohe Massengenauigkeit. Erfasst werden Tausende Massen mit deren Produkt-Spektren. Mit Hilfe von multivariaten, statistischen Modellen wollen die beteiligten Wissenschaftler daraus jedoch spezifische Sätze von Marker-Substanzen zur Authentizitätsbestimmung herleiten.

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