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Anreicherung von Lebensmitteln

aus: DLG-Lebensmittel 04/2018, Seite 30ff.

Mittels Wirbelschichttechnologie verkapselte Vitamine sind vor äußeren Einflüssen geschützt und lassen sich optimal in Lebensmitteln weiterverarbeiten.

Eine Lebensmittelanreicherung zielt darauf ab, die Versorgung einzelner Bevölkerungsgruppen oder der Gesamtbevölkerung einer Region mit bestimmten Nährstoffen zu verbessern. Besteht ein objektiver Bedarf, soll mit der Anreicherung eine ausgewogene Ernährung sichergestellt werden. Dies kann beispielsweise eine gesundheitspolitische Maßnahme sein oder dem Ausgleich von Vitaminverlusten während der Lebensmittelverarbeitung dienen – wie die Restoration von B-Vitaminen in Weißmehl oder Vitamin C in Obstsäften. Die Anreicherung nach subjektivem Bedarf orientiert sich an Verbraucherwünschen, die nicht ausschließlich ernährungsphysiologisch begründet sind, wie zum Beispiel die Vitaminierung von Margarine als Ersatz für Butter.

In Europa kommen ausgeprägte Vitaminmangelerkrankungen aufgrund des reichhaltigen Nahrungsmittelangebots nur noch selten vor. Doch einseitige Ernährungsformen oder eine gestörte Vitaminaufnahme im Magen-Darm-Trakt sowie Leberschäden können eine Unterversorgung begünstigen. Darüber hinaus steigt der Bedarf an Vitaminen während der Schwangerschaft. Die Anreicherung mit Vitaminen, die Lebensmittel von Natur aus nicht oder nur in geringen Mengen enthalten, ist vor allem in Entwicklungsländern von großer Bedeutung.

Anreicherung mit Vitamin A

Beispielsweise leiden nach WHO-Schätzungen weltweit rund 250 Millionen Kinder im Vorschulalter an einem Vitamin A-Mangel. Eine dauerhafte Unterversorgung führt zu schweren Sehstörungen bis hin zur Blindheit. Zudem wird das Immunsystem geschwächt, wodurch die Betroffenen anfälliger für Infektionen wie Masern oder Durchfall sind.

Als essenzieller Nährstoff muss Vitamin A mit der Nahrung aufgenommen werden, weil der Körper ihn nicht selbst herstellen kann. Lebensmittel, die das Vitamin natürlicherweise enthalten, wie fettreiche Fische und Fleisch, können sich Menschen in einkommensschwachen Ländern oft nicht leisten. Stattdessen ernähren sie sich vor allem von Grundnahrungsmitteln wie Mais, Reis und Mehl. Diese Produkte können mit zusätzlichen Vitaminen versetzt werden.

Hersteller stehen dabei vor der Herausforderung, dass Mikrokomponenten wie Vitamine meist nicht ohne Weiteres in Lebensmittel eingearbeitet werden können. Zudem muss die Stabilität über die gesamte Haltbarkeitsdauer gewährleistet werden. Vitamin A beispielsweise ist fettlöslich und kann nur mit Speiseöl direkt vermischt werden. Damit es Lebensmitteln wie Mehl zugesetzt werden kann, muss es speziell behandelt werden: Mittels Mikroverkapselung wird das Vitamin homogen in ein Trägermaterial eingebunden und dadurch vor Licht und Oxidation geschützt. Das Ergebnis ist ein Pulver oder Granulat, in dem der Aktivstoff von millimeter- beziehungsweise nur mikrometerdünnen Schichten aus Stärkederivaten, Lecithin, Gelatine oder anderen Stoffen ummantelt ist. So bleibt das Vitamin auch während der Lagerung der Produkte stabil.

Mikrokapseln aus der Wirbelschicht

Die Mikroverkapselung zählt zum Leistungsspektrum der Wirbelschichttechnologie, mit der physikalische und anwendungstechnische Produktmerkmale gezielt beeinflusst werden können. In einer Wirbelschichtanlage herrschen optimale Bedingungen für einen intensiven Wärme- und Stoffaustausch. Warme, filtrierte Luft wird über einen Wirbelboden in den Materialbehälter der Anlage geblasen. Eine Verteilerplatte sorgt dafür, dass die Luft eine bestimmte Strömungscharakteristik bekommt. Dadurch werden die Ausgangsstoffe intensiv durchmischt und es entsteht eine Wirbelschicht. Jetzt sind die einzelnen Partikel praktisch mit ihrer gesamten Oberfläche dem jeweiligen Medium ausgesetzt. Über das Eindüsen von Flüssigkeiten lassen sich verschiedene Verfahren realisieren – neben Mikroverkapselungen auch Granulationen, Agglomerationen und Coatings.

Da der Prozess im niedrigen Temperaturbereich durchgeführt werden kann, kommt es in der Regel nur zu einer moderaten Produkterwärmung zwischen 30 und 50 °C. Im Vergleich zur Sprühtrocknung ist die thermische Belastung damit deutlich geringer. Auf diese Weise werden hitzeempfindliche Substanzen wie Vitamine geschont; ihre funktionellen und ernährungsphysiologischen Eigenschaften bleiben erhalten. Über eine Vielzahl von individuell veränderbaren Parametern können die Merkmale bestehender Produkte optimal eingestellt und standardisiert oder neue Rezepturen entwickelt werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr vielfältig.

Neue Einblicke in die Mikroverkapselung

Ob für wertvolle Vitamine in Mehl, bunte Akzente in Süßwaren oder fruchtige Aromen in Kaugummis – mikroskopisch kleine Kapseln helfen dabei, sensible Inhaltsstoffe in Lebensmittel, Nahrungsergänzungen oder Pharmazeutika einzuarbeiten. Welche Herausforderungen und Chancen diese Methode mit sich bringt, wurde kürzlich auf dem internationalen Symposium der Mikroverkapselung diskutiert, das der Lohnhersteller SternMaid gemeinsam mit Bioactives World Forum in Hamburg organisiert hatte. Am 17. und 18. Mai 2018 wurden technologische und ökonomische Aspekte unterschiedlicher Verkapselungsverfahren sowie interessante Anwendungsbeispiele vorgestellt – darunter Möglichkeiten zur Verbesserung von ernährungsphysiologischen Eigenschaften und der Kosteneffizienz des Prozesses. Zu den Referenten zählten renommierte Industrie-Experten und Wissenschaftler aus den USA, der Schweiz und Deutschland. Das Symposium richtete sich unter anderem an Produktentwickler, R&D-Fachleute, Chemiker, Technologen und Manager aus der Lebensmittel-, Pharma- und Nahrungsergänzungsmittel-Industrie.

Im Rahmen einer Werksführung präsentierte SternMaid außerdem sein Leistungsspektrum und zeigte, wie beispielsweise Hydrokolloide, Zucker, Salze oder Mineralstoffe mittels Wirbelschichttechnologie verkapselt und veredelt werden können. Mit seiner multifunktionalen Wirbelschichtanlage ist das Wittenburger Unternehmen sehr gut für die flexible und effiziente Herstellung funktioneller Produkte aufgestellt.

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